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■ Das BVG entscheidet zur Arbeitslosenhilfe bei PaarenAnnäherung auf Einbahnstraßen

Wenn das Bundesverfassungsgericht über Fragen des Sozial- oder Familienrechts entscheidet, dann ist seit einiger Zeit höchste Aufmerksamkeit geboten. Denn mehrfach schon haben die Herren in den roten Roben die Gesetzesmacher unsanft auf den Boden der Realität geholt. Sie haben längst überlebte Paragraphen – wie zum Beispiel die des Namensrechtes – zur Entsorgung in die Mottenkiste der konservativen Familienideologie bugsiert. Deshalb durfte man gespannt sein, als die Verfassungsrichter darüber zu entscheiden hatten, ob Partner eheähnlicher Lebensgemeinschaften im Fall der Arbeitslosigkeit für einander aufkommen müssen. Sie müssen, entschieden die Karlsruher Richter jetzt. Ähnlich wie in Ehen darf auch bei ihnen die Arbeitslosenhilfe entsprechend dem Einkommen des Partners gekürzt werden – wenn auch längst nicht in dem Maße, wie es die Bundesanstalt für Arbeit bisher praktizierte. Die Freibeträge von bisher 600 Mark müßten sowohl für Ehepaare als auch für eheähnliche Lebensgemeinschaften drastisch erhöht werden.

Eine zweischneidige Entscheidung: Im Vergleich zur jetzigen Regelung wird sie vielen Arbeitslosenhilfeempfängern deutlich mehr Geld bringen. Und das ist gut so, denn die bisherige Praxis strafte all die Arbeitslosenhaushalte, in denen ein Partner noch ein festes Einkommen hatte, auf Sozialhilfeniveau herunter. Insofern haben die Karlsruher Richter gerade für Ostdeutschland, wo demnächst Hunderttausende in die Arbeitslosenhilfe rutschen werden, eine finanzielle Wohltat beschlossen.

Doch neben der ökonomischen hat der Karlsruher Richterspruch auch eine gesellschaftspolitische Bedeutung, und die folgt einem ärgerlichen Trend: je mehr Paare auf den Trauschein verzichten, desto stärker werden sie in eine Pflicht genommen, die ihr Zusammenleben kaum noch von der Ehe unterscheidet. Den gleichen Pflichten stehen jedoch noch lange nicht die gleichen Rechte gegenüber. Unverheiratete dürfen zwar vereint füreinander aufkommen, sofern es der Entlastung des Staatshaushaltes dient. Sie dürfen aber getrennt Kinder erziehen, (vergeblich) Sozialwohnungen suchen oder Steuern zahlen, ohne all die Vorteile, mit denen der Staat nach wie vor das heilige Gut der Ehe segnet. Die Verfassungsrichter haben in letzter Zeit einiges dafür getan, daß auch juristisch jeder nach seiner Fasson selig werden darf. Doch mit ihrer jetzigen Entscheidung bestärken sie die eine Annäherung von verschiedenen Lebensformen auf Einbahnstraßen: Wenn's um Geld geht, dürfen die einen immer nur zahlen, die anderen sparen. Vera Gaserow

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