"Rechtsradikale haben bei uns keine Chance"

■ Es geht auch so: Nachbarn des Containerdorfes Loogestraße in Eppendorf besuchen die Flüchtlinge und wollen helfen

Loogestraße in Eppendorf besuchen die Flüchtlinge und wollen helfen

Ohlstedt, Blankenese, Eppendorf — diese Stadtteile verbindet nicht nur, daß dort die gutsituierten Hamburger wohnen: Alle drei haben auch ein Containerdorf für Asylbewerber. In die Eppendorfer Notunterkunft in der Loogestraße zogen am vergangenen Freitag die ersten 74 von 115 Flüchtlingen. Doch ganz im Gegensatz zu den abwehrenden Reaktionen der Ohlstedter und Blankeneser Bürger

empfingen die Eppendorfer die Asylbewerber wohlwollend.

70 Frauen, Männer und Kinder begrüßten am Buß- und Bettag die Neuankömmlinge mit Kaffee und Kuchen. Sie hatten sich, als sie von der Aufstellung der Behausungen hörten, spontan zu der Initiative „Containerdorf Loogestraße“ zusammengefunden. „Wir wollen einfach helfen“, sagte die Initiativensprecherin Hendrike Blandow-

Schlegel, „wir wollen deutlich machen, daß rechtsradikale Tendenzen bei uns keine Chance haben, unabhängig von der eigenen politischen Einstellung.“

Die neuen Nachbarn reagierten ausgesprochen freundlich auf den gutgemeinten Überfall der nicht eben kleinen Gruppe, die mit ihren Gaben von Tür zu Tür wanderte. Durch einen Aushang in verschiedenen Sprachen vorgewarnt, hatten sie alles auf Hochglanz gebracht und ungeduldig nachgefragt, wann es denn endlich losgehe. So wußte Mike Michaels, der Verwalter des Dorfes, zu berichten. Am Ende wurden auch nicht nur Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht, sondern es entwickelten sich Gespräche über Sorgen und Nöte der Flüchtlinge.

Wie der 32jährige Joko Adzovic, der seine Ängste schilderte. Er war vor knapp zwei Monaten von der Uno mit seiner Frau und sechs Kindern aus Sarajevo herausgeholt worden. Der Maurer hat im Krieg seinen Vater verloren und freut sich, daß er mit seiner Familie heil angekommen ist. „Doch ich habe auch in Deutschland Angst“, räumt er ein. Fernsehberichte über Angriffe auf Flüchtlingsheime rauben ihm den Schlaf. Er fürchtet sich seither vor Molotow-Cocktails, die durchs Fenster fliegen könnten.

Auf die Frage, ob er denn nach dem Krieg wieder in seine Heimat zurückkehren wolle, antwortet er: „Aber natürlich, hier ist es eng, und wir können nicht alle zusammen sein. Warum sollte ich hierbleiben wollen?“

Doch zunächst müssen hier die Probleme des Alltags gelöst werden: Schulbesuch für die Kinder,

Krankenscheine organisieren, Fahrkarten am Automaten lösen. Um so mehr freuen sich die Flüchtlinge, daß ihnen die Eppendorfer Nachbarn bei der Überwindung dieser Schwierigkeiten zur Seite stehen wollen. Vielleicht wissen später einige von ihnen in ihrer Heimat Gutes über die Deutschen zu berichten. Andrew Ruch