Vorlauf: Winterreise
■ In Rumänien: "Joanes Gesetz"
In Rumänien: „Joanes Gesetz“, West 3, 20 Uhr
Eine karge Dorfkneipe, gegen die jede deutsche Kantine einen Hauch von Las Vegas verströmt, altersschwache Ölbohrtürme, die seltsam sinnlos vor sich hinächzen, Menschen, die sich in dumpfer Teilnahmslosigkeit der Tristesse ihrer Umgebung angeglichen zu haben scheinen. Momente eines Films über das abgestorbene Leben in einem rumänischen Dorf, mit dem die beiden Folkwank-Studenten Kerpenisan und Faix ihre Winterreise in ihre Heimat dokumentieren.
Da ist etwa jener taubstumme Alte, der nun in einer ärmlichen Hütte vor sich hindämmert. Oder der Besuch beim Onkel, dem Schlachthofdirektor, der sich die Langeweile mit Zeichentrickfilmen vertreibt, während seine Angestellten Rinder abschlachten. Und ob in der Kneipe oder in den Wohnungen – der Fernseher läuft unentwegt.
Unkommentierte, allenfalls sparsam erläuterte Bildfolgen, die jede Vorstellung vom einfachen, aber erdverbundenen und zufriedenen Landleben zunichte machen. Trotzdem huldigt der Film keinem plumpem Realismus. Kerpenisan und Faix haben ihr Material effektvoll montiert und scheuen auch nicht davor zurück, just da auf eine Schlachthofszene umzuschneiden, wo im TV bei „Tom & Jerry“ die Maus ordentlich eins übergebraten bekommt. Über dieses real existierende Leben in der rumänischen Provinz, das normalerweise hinter „politischen“ Nachrichten und Schnellschuß-Reportagen unsichtbar bleibt, kann man in dem Film viel erfahren. Und jene verquere Logik, wonach die Qualität „informativer“ Fernsehbeiträge mit dem Grad ihrer formalen Unbedarftheit steigt, stammt ohnehin aus einer Zeit ohne Fernbedienungen. Reinhard Lüke
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