■ Polynesien muß die Zwangsehe mit Frankreich beenden
: Ungebrochene Ausbeutermentalität

Frankreich hat Polynesien mit Waffengewalt annektiert und die „eingeborenen Rebellen“ ausgerottet. Die wirtschaftlichen, demographischen und militärischen Unterschiede haben zu einer Beziehung von Herrschern und Beherrschten geführt, es ist eine Zwangsehe. Diese Dominanz ist niemals abgeschwächt worden. Noch heute wird jede wichtige Entscheidung mit Folgen für Polynesien außerhalb unseres Territoriums – in Frankreich gefällt.

Das frappierendste Beispiel dafür ist natürlich das pazifische Experimentierzentrum: die Atomversuche fanden ohne unser Einverständnis statt. Doch die militärische Sicherheit von 50 Millionen Franzosen lohnt wohl das Opfer von einigen hunderttausend Polynesiern. Und außerdem gilt ja die Einheit des französischen Territoriums: ein Land, das mitten aus dem Pazifischen Ozean herausragt und 20.000 Kilometer von Europa entfernt liegt, ist durch einige Verfassungstexte integraler Teil Frankreichs. Natürlich lastet das jetzige Moratorium auf unserer Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt. Diese Opfer tragen hauptsächlich die Polynesier, während die Gewinne der 30jährigen Experimente Frankreich zugute kamen.

Ein anderes Beispiel: Der internationale Flugverkehr gehört in die staatliche Kompetenz. Wenn eine ausländische Gesellschaft eine Verbindung mit Polynesien zu einem Preis herstellen will, der unter dem von Air France liegt, kann ihr das verweigert werden. Und das, obwohl unsere Hotels häufig leerstehen. Doch die Nation geht vor.

Beispiel Europa: Das Referendum zu Maastricht hat bestätigt, daß allein Frankreich zählt. Polynesien existiert selbst da nicht, wo es der Vertrag direkt betrifft.

Die geographische Isolation verschärft noch die schwierige Situation des Beherrschten. Das Schlimmste ist jedoch, daß sich die Haltung des Kolonisators nicht verändert hat, daß er die Mentalität des Ausbeuters behalten hat, der wünscht, daß ihm die Kolonie etwas einbringt und daß sie ihn so wenig wie möglich kostet. Solche Ehebeziehungen können nur zu einer Trennung, wenn nicht zu einer Scheidung führen. Oscar Temaru

Der Autor ist Präsident der Polynesischen Befreiungsbewegung „Tavini Huiratira“ und Bürgermeister von Faaá