■ Vor dem Abzug der Briten braucht Hongkong Demokratie: Zum Abschied einen Rechtsstaat!
Den sechs Millionen Menschen der britischen Kolonie Hongkong wurde das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt, sie können ihre eigene Regierung nicht wählen. Jetzt kämpfen wir darum, noch ein Stück Demokratie zu ergreifen, bevor die Briten 1997 abziehen. Seit London und Peking die Auslieferung Hongkongs an die kommunistische Herrschaft beschlossen, haben die Menschen vergebens eine schnellere Demokratisierung verlangt. Doch die Kolonialverwaltung will Peking nicht gegen sich aufbringen. In letzter Zeit haben in- und ausländische Medien Großbritannien als schwaches und herzloses Land geschmäht, weil es die Bevölkerung von Hongkong einfach verkauft. Der amtierende Gouverneur Patten sollte daher für einen „ehrenhaften Abzug“ sorgen; er legte nun endlich bescheidene Vorschläge für Reformen vor, die, selbst wenn sie voll verwirklicht würden, noch keine Demokratie brächten. In Peking erregte er damit dennoch Zorn.
Die meisten Menschen in Hongkong nahmen die Vorschläge überrascht und freudig auf. Lediglich Leute, die in China Geschäfte machen, wollen sich Peking nicht zum Feind machen. Hongkongs Zukunft hängt letztendlich von der politischen Entwicklung in China ab. Wenn es der Kolonie jedoch gelingt, bis 1997 die Grundlage für eine repräsentative Regierung zu legen, die Gesetz und Menschenrechte respektiert, dann wird das Volk vielleicht das Gefühl haben, daß es etwas mehr Einfluß nehmen kann auf sein eigenes Schicksal; und dann mag es mit mehr Zutrauen in die Zukunft schauen. Peking wünscht sich Hongkong vermutlich wie Singapur: wirtschaftlich reich, aber politisch unter strenger Kontrolle. Viele Menschen hier werden nicht abwarten, ob das Experiment funktioniert. Es wird geschätzt, daß bis 1997 über 500.000 Menschen aus Hongkong emigriert sein werden, das übertrifft die Zahl der Mittelklasse von Hongkong.
Ich selbst habe einen britischen Paß, kann also gehen, doch das habe ich nicht vor. Ex-Gouverneur Mac Lehose (1971–82), der eine Beschwichtigungspolitik gegenüber China vertritt, spielte auf mein mutmaßliches Schicksal an: bei einem Dinner sagte er mir, der Höhepunkt im Leben eines Häftlings in China sei Besuch. Dann fügte er hinzu: „Emily, wenn Sie demnächst im Gefängnis sitzen, werde ich kommen und Ihnen Zigaretten schenken.“ Solche Drohungen stärken meine Entschlossenheit zu kämpfen. Schließlich werden Freiheit und Demokratie nicht auf dem Silbertablett serviert. Doch es macht mich wütend, daß einflußreiche Leute den Kampf der Menschen von Hongkong für eine demokratische Zukunft untergraben. Emily Lau
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