■ Die UNO beschloß eine Seeblockade Rest-Jugoslawiens
: Show und Farce

Mit seinem Beschluß zur verschärften Durchsetzung von bereits im Mai verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Serbien und Montenegro hat der UNO- Sicherheitsrat zunächst vor allem das schwere Versagen der internationalen Staatengemeinschaft eingeräumt. Die Serben, hauptverantwortlich für das andauernde Gemetzel in Bonsien-Herzegowina, haben die zur Kriegführung benötigten strategischen Güter trotz Embargo sechs Monate in ausreichender Menge importieren können. Nun bestreiten selbst Vertreter von Nato und WEU nicht mehr, daß die von den Marinen dieser beiden Organisationen im Juli mit großem Propagandagetöse gestartete Überwachungsshow in der Adria überhaupt nichts bewirkt hat. Sie diente lediglich der Selbstdarstellung der beiden historisch überholten Militärbündnisse, die seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation krampfhaft nach Begründungen für ihre Weiterexistenz suchen.

Nach Nato-Angaben wurden bis zum 10. November die Kapitäne von 3.512 Handelsschiffen nach ihrer Ladung „befragt“, in 66 Fällen wurde ein Embargobruch „vermutet“. Selbst wenn diese 66 Frachter allesamt verbotene Waren für Serbien geladen haben sollten: die Zahlen zeigen, daß die vom Sicherheitsrat nun erlaubte Durchsuchung der Handelsschiffe („stop and search“) in der Adria nur wenig dazu beitragen wird, das Embargo endlich wasserdicht zu machen. Schon im Mai war bekannt, was nun auch Befürworter der Adria-Aktion einräumen: die meisten verbotenen Lieferungen gelangen über den Landweg oder die Donau nach Serbien und Montenegro.

Die zu Beginn der Adria-Aktion von der SPD eingebrachte Verfassungsklage gegen eine Teilnahme eines deutschen Zerstörers war wenig glaubwürdig. Jahrelang hatten die Sozialdemokraten geduldet oder gar offen unterstützt, daß die Bundesregierung durch schleichenden Verfassungsbruch (Bundesgrenzschützer nach Namibia, Kampfhubschrauber in den Irak, Minensuchboote in den Nahen Osten, Sanitäter nach Kambodscha) die Gewöhnung an deutsche Uniformträger im Auslandseinsatz betrieb. Vor allem hierum – und nicht um die effektive Durchsetzung des Embargos – ging es dem Bonner Kabinett auch bei seiner Entscheidung, den Zerstörer weiter in der Adria dümpeln zu lassen, obwohl er an den „Stop and search“- Aktionen nicht teilnehmen soll. Zudem will die Regierung den Eindruck vermeiden, sie weiche zurück vor der Verfassungsklage der SPD. Deren erneuter Protest gegen den Adria-Aufenhalt des deutschen Zerstörers, just einen Tag nachdem der Sonderparteitag die Beteiligung der Bundeswehr an weit eskalationsträchtigeren „Blauhelm“-Missionen befürwortet hat, macht die innenpolitische Debatte vollends zur Farce. Andreas Zumach