Kinderhits aus Ostdeutschland

■ Während die Kids-West für »Anne Kaffeekanne« schwärmen, lieben die Kids-Ost ihren »Riesen Glomatsch« / Ein Hamburger Verlag will die beiden Kinderwelten enger zusammenführen

Die neuen Kinderlieder fristen in der Erwachsenen-Öffentlichkeit eher ein Schattendasein. Doch in der Altonaer „Fabrik“ tobt der Bär, wenn Frederik Vahle von der Anne Kaffeekanne singt. Das Lied vom dem Mädchen, das auf dem Besenstil davonfliegt, wenn ihr jemand dumm kommt, ist schon ein Kinderzimmerklassiker und Vahles Jungpublikum kennt die Texte auswendig. Die neuen Lieder sind mal aufmüpfig, mal verträumt, sie trösten oder verführen zum Spielen und Tanzen. Dann wird der Teppich aufgerollt, und los geht's mit dem Schwoof. Mit wachsender Begeisterung wird die gleiche Kassette zwanzigmal hintereinander auf voller Lautstärke gepielt.

Wie Frederik Vahle macht auch der ostdeutsche Liedermacher Gerhard Schöne, der am diesjährigen Nikolaustag in der „Fabrik“ auftritt, keine sentimentalen rührseligen Heile-Welt-Schlager. Er nimmt die Kinder und deren Bedürfnisse ernst. Schöne hat im Osten schon lange Erfolg. Dort singen die Kinder auf der Straße seine Lieder vom „Riesen Glomatsch“ und von der Jule, die sich nie wäscht, so wie im Westen „Anne Kaffeekanne“ und der „Hase Augustin“ in Kindergärten und Schulen seit Jahren zum Repertoire gehören.

Schönes Lieder lassen nichts aus, was es im Kinderleben gibt, Freude und Sehnsucht, Träume und Angst. Nur auf den ersten Blick zielen sie nur auf kleine Kinder ab. Eigentlich spielt das Alter keine Rolle:„ „Meine Lieder sollen Lebenszeichen sein, sollen ansingen gegen alles, was Leben einschränken oder verhindern will — in uns und um uns herum“, sagt der Liederdichter, der neben seinem Briefträger- Beruf ein Abendstudium für Unterhaltungsmusik und Gesang an der Dresdner Musikhochschule absolvierte. Für die Kassette „Kinderlieder aus aller Welt“ hat Schöne 20 Stücke neu arrangiert und nachgedichtet. „Ganz ganz schön“ findet Marlene (7), seit Jahren Fan von Anne Kaffeekanne.

Die ostdeutschen Kinderhits auch im Westen bekannt machen will die „Jumbo — Neue Medien & Verlag GmbH“, die außer Gerhard Schöne noch die Liedermacher Reinhard Lakomy und Ulf&Zwulf aus der ehemaligen DDR im Programm hat. Lakomy hat in der DDR seine Titel in riesigen Auflagen verkauft. Nach seinem Album „Traumzauberbaum“ ist sogar ein Kindergarten in Berlin benannt.

Der im Januar 1991 gegründete Hamburger Verlag engagiert sich nicht nur für die Ost-West-Verständigung. „Unser Anspruch ist es, emanzipatorische Kultur für Kinder zu machen“, sagt Geschäftsführerin Gabriele Swiderski. VM

Kinderlieder-Produktionen von Gerhard Schöne: „Kinderlieder aus aller Welt“, „Lieder aus dem Kinderland“ und „Kinder-Lieder-Galerie“.