: Anschläge auf Ausländer: Neun Überfälle, vier aufgeklärt
■ Am Montag beginnt der letzte Prozeß gegen die Penny-Crew
Insgesamt neun gewalttätige Überfälle auf AusländerInnen waren in den zwei Wochen rund um den 3. Oktober 1991 in Bremen registriert worden: fünf Brandanschläge auf Wohnungen, drei gewalttätige Überfälle auf Kneipengäste und ein in Brand gestecktes Auto. Inzwischen — gut ein Jahr nach dieser Bremer Welle von rassistischer Gewalt — hat die Staatsanwaltschaft insgesamt fünf der neun Verfahren eingestellt, da die Polizei keinen Täter ermitteln konnte. In vier Fällen hat es Anklagen gegeben, in drei davon auch bereits ein Urteil: Die vorwiegend jugendlichen Täter wurden zu Freiheitsstrafen zwischen 21 Monaten und 30 Tagen auf Bewährung verurteilt.
Mit insgesamt zehn Angeklagten und vier Prozessen hatte der Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in der Schwachhauser Heerstraße 110 die größten juristischen Folgen. Während die drei geständigen Haupttäter bereits im Mai rechtskräftig verurteilt wurden, beginnt am Montag das Verfahren gegen fünf weitere Mitglieder der „Penny-Crew“, denen die „Nichtanzeige“ des geplanten Anschlags vorgeworfen wird. Ein weiteres Penny-Crew-Mitglied ist wegen dieses Vorwurfs bereits Anfang Mai rechtskräftig zu 2.400 Mark Geldstrafe verurteilt worden.
Das Verfahren gegen den vierten Haupttäter läuft zur Zeit noch unter Ausschluß der Öffentlichkeit vor der Jugendstrafkammer. Alle Mitglieder der „Penny- Crew“, die bisher vor Gericht ausgesagt haben, hatten eine mehr oder weniger enge Bindung an die organisierte Neo-Nazi-Szene.
Schwerverletzte oder gar Tote hatte es bei den Bremer Brandanschlägen nicht gegeben. Allerdings waren ettliche von den Überfällen betroffene Ausländer Innen nur durch glückliche Umstände mit dem Schrecken davongekommen. So konnte die Feuerwehr nach dem Brandanschlag auf die Schwachhauser Heerstraße 110 erst in allerletzter Minute Bewohner Innen aus dem Obergeschoß retten. Und die Betonbrocken, die Unbekannte in das Fenster eines Mobilbaus in der Theodor-Billrodt-Straße geworfen hatten, verfehlten nur knapp die dahinter schlafenden Kinder.
Seit dem 6. Oktober 1991 hat es in Bremen keinen weiteren Anschlag mehr auf Wohnungen von Flüchtlingen oder anderen Ausländer Innen gegeben. Stattdessen wurden im März dieses Jahres Übergriffe von Polizisten des Brommyplatz-Reviers auf vor allem schwarze Asylbewerber bekannt. In diesem Zusammenhang führt die Staatsanwaltschaft noch einige Ermittlungsverfahren, zu einer Anklage ist es jedoch noch in keinem einzigen Fall gekommen. Trotzdem scheint die öffentliche Debatte um die Foltervorwürfe ihre Wirkung getan zu haben: Neue Anschuldigungen gegen Polizisten wurden seitdem nicht mehr bekannt.
Gewalt gegen AusländerInnen auf offener Straße wird bei der Bremer Staatsanwaltschaft nicht gesondert erfaßt. Lediglich aus den Polizeimeldungen der vergangenen Monate sind einige wenige Überfälle bekannt geworden.
Ase
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