Was wäre Kunst ohne die Ausländer?

■ Berliner Theater und Opernhäuser sprachen sich in Veranstaltungen gegen Ausländerfeindlichkeit aus

Berlin. In mehreren Theatern und Opernhäusern fanden am Sonntag Veranstaltungen gegen Ausländerhaß und Gewalt in Deutschland statt. So stellte das Deutsche Theater in seiner Matinee die Frage: „Was wäre Kunst in Berlin ohne die ausländischen Berliner?“ 24 großformatige Fotos auf der Bühne von markanten Punkten der Metropole, die die Handschrift von Ausländern tragen, von der Französischen Kirche am Gendarmenmarkt über das Schloß Bellevue bis zur Kongreßhalle im Tiergarten, gaben die Antwort: sehr viel weniger.

Das Programm unter dem Motto „Von Voltaire bis Barenboim“ gab Autoren wie Ilja Ehrenburg, Boris Pasternak, Egon Erwin Kisch, Maxim Gorki, Marina Zwetajewa, Wladimir Majakowski, Alfred Polgar, Vladimir Nabokov und Ödön von Horváth das Wort. Die einen lebten in Berlin als durchreisende Emigranten, andere trieb die Neugier ins pulsierende und weltoffene Berlin. Verlesen wurde auch Max Reinhardts Absage an Deutschland aus dem Jahr 1933.

Im Schiller-Theater stand die Matinee unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist antastbar“. Unter anderem wurden Gedichte von Nelly Sachs und Erich Fried vorgetragen. Ortrud Beginnen sang Chansons aus den zwanziger Jahren, die Nationalismus und Fremdenhaß attackierten. Kabarettisten aus Ost und West warben im Kabarett „Die Distel“ am Bahnhof Friedrichstraße für mehr Toleranz und Menschlichkeit und attackierten Politiker und Parteien wegen ihrer widersprüchlichen Haltung in der Asyldebatte. Der Berliner Kabarettist Martin Buchholz rief dazu auf, „daß Wessis und Ossis gemeinsam anfangen, den Verfassungsschutz selber in die Hand zu nehmen“.

Im Berliner Ensemble lasen Rosemarie Schuder und Rudolf Hirsch aus ihrem Buch „Der gelbe Fleck – Wurzeln und Wirkungen des Judenhasses in der deutschen Geschichte“. In der Tribüne am Ernst-Reuter-Platz wurden Gedichte und Texte gegen Rassismus unter dem Brecht-Motto „Der Schoß ist fruchtbar noch ...“ vorgetragen.

Als bewegendes „Fest der Begegnung“ gestaltete die Deutsche Oper in der Bismarckstraße ihr Bekenntnis gegen Fremdenfeindlichkeit. Generalintendant Götz Friedrich verwies in dem überfüllten Opernfoyer auf das in seinem Haus geltende Arbeitsprinzip, wo Mitarbeiter aus 41 Nationen in den verschiedensten Bereichen tätig seien. Über Lautsprecher erklang der von den Nationalsozialisten vertriebene und vor 50 Jahren in einem Schweizer Internierungslager gestorbene Tenor Joseph Schmidt mit seinem „Ein Lied geht um die Welt“. dpa