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Einstieg, ja gerne, aber Aufstieg, nein!

Frauen können in der Wirtschaft noch immer nur schwer Karriere machen/ Hamburger Tagung belegt Benachteiligungen in den Chefetagen/ Staatliche Förderung unverzichtbar  ■ Aus Hamburg Angelika Pfalz

Serienheldin Vera Wesskamp, Chefin einer Reederei und Mutter dreier Sprößlinge, zeigt den Fernsehzuschauern den täglichen Spagat zwischen Kontor und Küche. Zu den „Business-Amazonen“ zählt sie jedoch nicht; schließlich hat sie als junge Witwe notgedrungen das Unternehmen ihres Mannes übernommen. Die männlichen Widerstände gegen Frauenkarrieren in einem fremden Betrieb, die sind noch nicht serienreif.

„Frauen und Erfolg“ hatte die Arbeitsgemeinschaft für berufliche und persönliche Förderung ABPF in Hamburg ihre Tagung genannt und damit peinlichst das Reizwort „Karriere“ vermieden. Frauen im Management waren in den 80er Jahren das Thema. In den 90ern ist es still geworden um die gleichen Aufstiegschancen.

Der Einstieg in die Karriere sei für Frauen noch nie so leicht gewesen wie heute, weiß Sonja Bischoff, Professorin an der Hamburger Hochschule für Wissenschaft und Politik, aus ihren Studien. Frauen sind bestens ausgebildet, das Personalmarketing von Großunternehmen hat sie als Zielgruppe entdeckt, sie gehen bei Einstellungsprozeduren wie Assessment Center als Sieger nach Punkten hervor, die Einstiegsgehälter unterscheiden sich selten, und selbst Männerdomänen wie Marketing, Vertrieb oder Verkauf weichen auf.

Aber der Aufstieg. Da nennen die von Bischoff befragten Frauen Hindernisse, die nichts mit ihrer Qualifikation zu tun haben. Hatten bei einer ersten Studie 1986 nur 19 Prozent der befragten Frauen angegeben, allein wegen der Tatsache, Frau zu sein, in ihrer Karriere behindert worden zu sein, war die Zahl bei der Nachfolgestudie 1991 auf 30 Prozent angestiegen. Die Vorurteile richten sich nicht etwa gegen Mütter. Nur 12 Prozent der befragten Frauen glauben, daß Mutterschaft oder familiäre Gründe Barrieren für ihr berufliches Fortkommen darstellten.

Vielmehr fühlten sich Männer in ihrem Status bedroht. Bischoffs bissiges Fazit: Sobald Frauen auf den Etagen angelangt sind, wo man ihnen nicht mehr als hoffnungsvollem Nachwuchs väterlich- wohlwollend auf die Schulter klopfen kann, ist's vorbei mit Unternehmenskultur und Imagepflege. „Offenbar werden Vorurteile gegenüber Frauen gehegt, gepflegt und instrumentalisiert.“

Diese Benachteiligung läßt sich mit harten Fakten belegen. Frauen in Führungspositionen haben beim Gehalt 1991 noch nicht einmal das Niveau erreicht, das Männer bereits 1986 auf ihr Konto überwiesen bekamen. Außerdem müssen Managerinnen durchschnittlich mit wesentlich weniger MitarbeiterInnen auskommen als ihre männlichen Kollegen: Auf der zweiten Führungsebene unterhalb der Geschäftsleitung verfügen 83 Prozent der Männer, aber nur 57 Prozent der Frauen über einen Stab von mehr als 5 Personen. Von gleichen Bedingungen keine Spur.

Frauenförderpläne in Unternehmen bringen zwar endlich zur Sprache, wo und wie Frauen behindert werden. Darüber war frau sich in Hamburg einig. Sie sind aber dann oft nichts weiter als ein Mutter-Kind-Programm. Margrit Zauner, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Koordinierungs- und Beratungszentrums für die Weiterbildung von Frauen (KOBRA) in Berlin, schimpft, die gängigen Förderpläne drehten sich vor allem um verlängerte Erziehungszeiten, Angebote zu Teilzeitarbeit oder Hilfen zum Wiedereinstieg, wenn die Kids aus dem Gröbsten heraus sind. Mangelware dagegen sind Programme zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, ganz zu schweigen von maßgefertigten Ideen, um Frauenkarrieren mit entsprechendem Nachdruck zu fördern. Wenn diese Pläne mehr sein sollen als ein Regulierungsinstrument betrieblicher Personalpolitik, skizziert Zauner, müßten sie mit umfassenden Konzepten Organisation der Arbeit, Entscheidungsstrukturen, Arbeitszeiten und den Umgang mit Menschen am Arbeitsplatz strukturell verändern. Das hieße auch, Männer teamfähig zu machen und Modelle auszuarbeiten, die es ihnen erlauben und nahelegen, Beruf und Familie zu vereinbaren, ohne an Gehalt und Status zu verlieren.

In der Wirtschaft bewegt sich derzeit nichts in diese Richtung. Im Gegenteil: Während Frauen auf die Fähigkeiten setzen, die in der Managementliteratur als die kommenden Führungsqualitäten Furore machen, soft skills wie Intuition, soziale Kompetenz, Fähigkeit zur Kommunikation und das Denken in Zusammenhängen, werden die Jobs, für die sie diese Fähigkeiten nutzen könnten, womöglich gestrichen. In der lean-production, der „schlanken Produktion“ als einem Organisationsmodell der Zukunft, fallen auf der mittleren Ebene Führungspositionen weg. Das aber sind genau die Stellen, die Frauen noch am ehesten erreichen, wenn sie Karriere machen. Die Ökonomin Bischoff warnt denn auch davor, als Managerin auf das spezifisch Weibliche zu setzen. „Wenn man die Andersartigkeit von Frauen betont, verstärkt man die Vorurteile.“

Für Heide Pfarr, hessische Ministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung, steht angesichts dieser Entwicklung fest: „Wenn wir wollen, daß Frauen nicht als Mann, sondern als Frau oben ankommen, dann brauchen wir Frauenförderung und Quoten.“ Auch der Hamburger Wirtschaftssenator Hans-Jürgen Krupp warnt davor, sich auf emanzipatorische Einsichten seitens der Unternehmen zu verlassen. Die Politik sei gefordert und „muß sich bewegen“. Übrigens weiß der Senator, wovon er redet: Sein Pressesprecher will Teilzeit arbeiten, damit er sich mehr den Kindern widmen kann.

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