Nur »Prinzip Hoffnung«: Strom aus Norwegen

Verbund durch Nordsee-Kabel: völlig ungewiß, frühestens in zehn Jahren, und schon gar  ■ kein Ersatz für Atomstrom

Das schien vielversprechend: Aus Norwegen importierte Energie sollte den Altreaktor in Stade überflüssig machen. Der im Norden mit Wasserkraft gewonnene Strom wäre für Hamburg „ein energiepolitischer Durchbruch, der Einstieg in den Ausstieg aus der Atomenergie“, frohlockte Umweltsenator und Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) Fritz Vahrenholt. Seine Hoffnung: eine 600 Kilometer lange Stromleitung durch die Nordsee nach Brunsbüttel.

Die Investitionen für das Seekabel würden 800 Millionen bis eine Milliarde Mark betragen, schätzt Manfred Timm, Vorstandsmitglied der HEW, und bremst die Zuversicht der Ausstiegsfreunde: „Es geht hier um den zeitweisen Bezug von Energie, nicht um den Ersatz von Kernkraftwerken. In begrenztem Umfang kann langfristig ein CO2-freier Ersatz durch Strom aus Norwegen möglich sein.“ Und weiter: „Wir setzen schon Hoffnung in dieses Projekt, aber es ist noch in einem ziemlich ungewissen Stadium.“

Die HEW verhandeln seit eineinhalb Jahren — auch im Auftrag von vier weiteren deutschen Energieversorgern: Berliner BEWAG, Dortmunder VEW, EVS in Schwaben und Badenwerk — mit der norwegischen „Fylkes kraft östlandet“ (FKÖ). Die FKÖ ist ein Verbund von sieben kommunalen Versorgungsunternehmen, die über fast ein Drittel der norwegischen Kraftwerkskapazität verfügen. Ob die Verhandlungen in den nächsten sechs Monaten zum Erfolg führen, ist offen. Das Kabel durch die Nordsee könnte frühestens in zehn bis 15 Jahren Strom liefern, so Timm. Falls Strom aus Norwegen fließt, müssen die HEW ihn mit den vier anderen Partnern teilen.

Die lange Leitung durch die Nordsee könne maximal 600 Megawatt (MW) Leistung transportieren, so HEW-Sprecher Johannes Altmeppen, damit könnten die Kernkraftwerke nicht ersetzt werden. Zum Vergleich: Das AKW Stade hat eine Leistung von 640 MW, in Brokdorf sind es 1326 MW.

Ziel der Verhandlungen sei, norwegischen Strom gleich teuer oder etwas günstiger als deutschen Strom einzukaufen, sagte Timm gestern und trat damit Presseberichten entgegen, wonach der norwegische Strom nur vier Pfennig je Kilowattstunde kosten soll — gegenüber einem Kostenniveau von 15 Pfennig für Strom aus einem deutschen Kraftwerk. Die Importenergie aus Norwegen werde keinesfalls deutlich billiger als hierzulande erzeugter Strom sein. „Die Norweger wissen auch, was Strom in Deutschland kostet.“

Bislang dürfen die Skandinavier nur überschüssigen Strom aus ihrer eigenen Produktion ins Ausland verkaufen. In wasserreichen Jahren produzieren die norwegischen Kraftwerke mehr Strom als benötigt, in trockenen Jahren zu wenig. Daß in solchen Mangelzeiten den Norwegern mit Atomstrom aus dem AKW Krümmel ausgeholfen werden soll, mochte der HEW- Sprecher nicht bestätigen. Vera Stadie