■ Mit Warentests auf du und du
: Helm ab für den ADFC

Berlin (taz) – Ein Kaufhaus am Samstag, Fahrradabteilung. Jens will einen Schutzhelm, wie ihn jetzt alle haben, aber welchen? 20 verschiedene Modelle blitzen ihn an. Auf einem der Helme prangt eine Empfehlung des ADFC, des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, einem Verein, dem er vertraut. 70.000 Mitglieder hat dieser im Fahrradboom der vergangenen Jahre gewonnen. Jens ahnt nicht, daß der ADFC an dem Helm mitverdient.

Warentest-Auszeichnungen haben in der Werbewirtschaft Konjunktur, verleihen diese doch dem Produkt das Gütesiegel einer neutralen Bewertung. Je seriöser die Fachzeitschriften oder Organisationen auftreten, um so effektiver läßt sich mit der Auszeichnung werben. Erheben die Tester jedoch Lizenzgebühren für die Vermarktung der Qualitätsurteile, geraten sie zwangsläufig mit ihrem Anspruch auf Neutralität in Konflikt.

Jüngstes Beispiel für diese Entwicklung: der ADFC. Dieser soll ohne Test Empfehlungen ausgesprochen und dafür 50 Pfennig für jeden verkauften Helm verlangt haben, berichteten Andreas Engmann und Christoph Gröbel, Verkaufsleiter der Vertriebsfirmen „Centurion“ und „Grofa“, kürzlich in der Fernsehsendung Kontraste.

Das Geschäft mit der Werbung lebt vom Prestige – entsprechend groß ist die Bestürzung über die Anschuldigungen beim ADFC. Als privater Verein müsse er sich selber finanzieren, man sei deshalb „froh um jede Mark, auch von der Industrie“, meint Horst Niehüser, kaufmännischer Geschäftsführer des ADFC. Eine Lizenzgebühr auf jeden getesteten und beworbenen Helm – 10 Pfennig, nicht 50 Pfennig sollen es sein – hält er deshalb für legitim. Volker Briese, ADFC-Helmexperte, wehrt sich entschieden gegen die Vorwürfe: Niemals habe er das Gütesiegel ohne Prüfung vergeben oder gar verkauft.

Probleme dieser Art hatte die „Stiftung Warentest“ nie, nicht zuletzt deshalb, weil sie nichts daran verdient, daß ihre „test“-Qualitätsurteile unter anderem für einen eigenen Werbeblock im Fernsehen herhalten. Als größten Pluspunkt verbucht die Stiftung aber für sich, daß sie die Produkte im Geschäft einkauft und sich nicht von der Industrie stellen läßt.

Zehn Millionen Helme will die Fahrradindustrie in den nächsten zehn Jahren verkaufen. Den Flurschaden für den ADFC wertet der Helmexperte Briese als Anerkennung seiner „jahrelangen erfolgreichen Arbeit“. Denn „wen man nicht wichtig nimmt, gegen den führt man solche Geschütze gar nicht auf“. Stephan Elsemann