Prügel in DDR-Knästen

■ Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Gefangenenmißhandlung in 1.500 Fällen

Dresden (dpa) – In sächsischen Gefängnissen sind Gefangene zu DDR-Zeiten offenbar wegen nichtiger Anlässe massiv mißhandelt worden. In rund 1.500 Fällen ermittelt zur Zeit die Dresdner Staatsanwaltschaft, bestätigte der für DDR-Regierungskriminalität zuständige Staatsanwalt, Ulrich Meinerzhagen. Gefangene sollen bis zur Bewußtlosigkeit geprügelt oder monatelang in Isolations- und Verdunklungshaft gehalten worden sein. In rund 650 Fällen sind laut Meinerzhagen die Täter namentlich bekannt. Zur Zeit konzentrierten sich die Ermittlungen auf rund 50 bis 100 Vollzugsbedienstete, von denen sich eine „Handvoll“ noch im Dienst befinde. In besonders schweren Fällen seien Gefangene mit Handschellen an Heizungsrohre gefesselt worden, so daß sie nur noch auf den Zehenspitzen stehen konnten. Dann seien die Betroffene bis zur Bewußtlosigkeit geprügelt worden. Anschließend seien sie mit kaltem Wasser übergossen worden, und es „ging von vorne los“. Auslöser der Mißhandlungen sei beispielsweise die Weigerung von Gefangenen gewesen, in die Arrestzelle zu gehen. Im sogenannten „Gelben Elend“ in Bautzen soll es nach Aussagen von ehemaligen Häftlingen besondere Gruppen gegeben haben, die Häftlinge „aus Lust an der Gewalt“ mißhandelt hätten. An den Quälereien hätten sich auch Mitgefangene beteiligt.

Unklar ist nach Angaben von Meinerzhagen, ob ein Großteil der Fälle aufgrund von Verjährungsfristen noch strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Ermittlungen reichen von den 60er Jahren bis ins Jahr 1989. In einem Pilotverfahren will die Staatsanwaltschaft deshalb noch in diesem Jahr prüfen lassen, ob die geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren für Körperverletzung ausgesetzt werden kann, weil derartige Straftaten in der DDR aus politischen Gründen nicht verfolgt wurden.