Der irreguläre IM „Heiner“

■ MfS-Offizier Klaus Roßberg: Heinrich Fink, der Rektor der Humboldt-Universität, wurde abgeschöpft

Berlin. Vor dem Berliner Landgericht bekräftigte gestern ein weiterer Stasi-Offizier die These, daß der ehemalige Rektor der Berliner Humboldt-Universität, Heinrich Fink, unwissentlich als Inoffizieller Mitarbeiter „Heiner“ der Stasi fungierte. Fink sei über dritte Personen „sehr effizient abgeschöpft“ worden.

Eine direkte Kontaktaufnahme zu dem Theologieprofessor habe man vermieden, weil dieser als „zu unsicher und zu weich“ eingeschätzt wurde, sagte Klaus Roßberg, stellvertretender Leiter der Stasi-Kirchenabteilung XX/4.

Heinrich Fink, der im April erfolgreich gegen seine Kündigung als Professor an der theologischen Sektion der Humboldt-Universität geklagt hatte, habe eine „andere Auffassung von gesellschaftlichem und ideologischem Engagement“ gehabt. Vor allem aber habe er rege Kontakte zu Personen aus dem Westen gepflegt. Darunter, so berichtete Klaus Roßberg im Saal 610 des Berliner Landesarbeitsgerichts, sei ein Amerikaner gewesen, der im Who's who des Geheimdienstes als CIA-Agent geführt worden sei. Die Aufklärung Finks habe dann aber keine Hinweise auf eine „völlig feindliche Haltung“ des Theologen gebracht.

Vielmehr habe die Chance bestanden, daß Heinrich Fink „eine langfristige Informationsquelle“ werde, meinte der Ex-Oberstleutnant Roßberg. Das Ehepaar Fink habe einen „sehr offenen“ Umgang in seinem Haus gepflegt. Die Stasi habe dies genutzt, um Leute einzuschleusen. „Wir haben tatsächlich den IM ,Lissy Schreiber‘ herangebracht, die Fink dann als seine Privatsekretärin einstellte“, schilderte Roßberg. Vor allem aber sei Fink über offizielle Kontakte abgeschöpft worden. Roßberg, der von 1961 bis zur Wende beim Ministerium für Staatssicherheit angestellt war, nannte das Staatssekretariat für Kirchenfragen, das Ministerium für Hochschulwesen und die Kirchenabteilung des Zentralkomitees, in denen Stasi-Zuträger saßen, die über ihre offiziellen Gespräche mit dem Theologen Fink berichteten. Diese Informationen seien dann mit IM „Heiner“ gezeichnet worden, „damit der Ausgangspunkt klar war“.

Bereits im Sommer 1989 habe er begonnen, die von ihm angelegten IM-Unterlagen zu vernichten. „Das waren alle meine persönlichen Aufzeichnungen, die wollte ich nicht in dritte Hände fallenlassen“, begründete dies der 55jährige Roßberg. Der Vorsitzende Richter Bernd Preis ermahnte Roßberg zu Beginn der Verhandlung, „sein Gewissen zu schärfen“. Seine Aussagen würden mit später auftauchenden Unterlagen verglichen. Klaus Roßberg hatte vor dem Potsdamer Untersuchungsausschuß mit seinen Aussagen Manfred Stolpe zunächst ent- später belastet. Er soll dafür von einem Fernsehsender Schmiergeld erhalten haben. Chistian Füller