Grüne/Bündnis90 schon wieder vereinigt

■ Vorstände beider Organisationen unterzeichneten Assoziierungsvertrag in Bonn/ Urabstimmungen der Mitglieder im Frühjahr/ Vereinigungsparteitag im Mai/ Konflikte wurden im wesentlichen beigelegt

Bonn (taz) – Im Bonner Hochhaus am Tulpenfeld wurde gestern der Assoziationsvertrag zwischen den Grünen und dem Bündnis 90 unterzeichnet. Ein Vorgeschmack auf das große Comeback nach der nächsten Bundestagswahl? Ein notwendiger Zwischenschritt jedenfalls, so sehen es die Beteiligten. Denn nur wenn die Bürgerbewegung aus dem Osten und die Grünen 1994 gemeinsam antreten, wird sich die Fünf-Prozent-Hürde nicht noch einmal als Hindernis erweisen.

Die gestrige Zeremonie bedeutet freilich noch nicht das Ende der langwierigen Vereinigungsprozedur, die vor ziemlich genau einem Jahr mit erheblichen Berührungsängsten begann. Seit gestern steht immerhin das Procedere fest – im Mai nächsten Jahres soll es eine gemeinsame Organisation geben. Zwei parallele Parteitage sollen im Januar über den Assoziierungsvertrag abstimmen. Zur Annahme ist jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Delegierten erforderlich. Danach werden auch die 40.000 Grünen und die 3.000 Bündnismitglieder in Urabstimmungen über die künftige gemeinsame Organisation beschließen. Auch hier gilt die Zwei-Drittel-Marge. Die Grünen haben sich wegen des „Signalcharakters“ zur Urabstimmung bereit erklärt, obwohl laut Satzung auch das Votum des Parteitages ausgereicht hätte.

Entscheidend für das Gelingen ist die Abstimmung im Bündnis. Denn der Assoziationsvertrag sieht den formellen Beitritt der Bürgerrechtler zu den Grünen vor. Das jedoch setzt die Auflösung der Bürgerbewegung und damit, laut Bündnis-Satzung, die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder voraus. Doch auch im Hinblick auf die Urabstimmung herrscht Optimismus. Ein Scheitern, so Bündnis-Vorständlerin Marianne Birthler gestern in Bonn, wäre die „Spaltung von etwas, das längst zusammengehört“.

Das klang nicht immer so. Zu Beginn des Annäherungsprozesses herrschte bei den Grünen Unbehagen, das Zusammengehen mit den Bürgerrechtlern gefährde grüne Positionen in der Wirtschafts-, Frauen- und Umweltpolitik. Der dialogische Politikstil des Bündnisses erschien vielen oppositionserprobten Grünen eher als naiv. Umgekehrt fürchtete das Bündnis, mit dem Zusammengehen würden der Bürgerbewegung rest-sozialistische Inhalte sowie ein konfrontativer Politikstil übergestülpt. Nach der keineswegs ungeteilten Unterstützung der ehemaligen DDR-Opposition durch die Grünen forderten die Bürgerrechtler anfangs noch die Aufarbeitung der grünen Deutschlandpolitik sowie eine grundlegende programmatische Reform. Doch im Laufe des Verhandlungsprozesses setzte sich die vor allem von pragmatischen Grünen vertretene Einsicht durch, ein Scheitern der Vereinigung bringe am Ende beide Organisationen um ihre bundespolitische Zukunft.

Das brachte am Ende auch das Bündnis dazu, den ohnehin mühsamen Verhandlungsprozeß nicht mit weitreichenden Forderungen an die Grünen zu überfrachten. Dem formellen Procedere, dem das Odium des Beitritts anhaftet, stimmten sie am Ende ebenso zu wie einem gemeinsamen Grundkonsens, in dem unterschiedliche Positionen eher mühsam zusammengebastelt wurden. Dennoch unterstreicht Grünen-Sprecher Ludger Volmer, daß sich beide Organisationen nicht in erster Linie aus wahlarithmetischen, sondern aus politischen Gründen zusammenschließen werden. Einer demokratischen, ökologischen und humanistischen Alternative müsse wieder Sitz und Stimme im Bundestag verschafft werden. Wolfgang Ullmann spricht von einer Vereinigung bei voller Gleichberechtigung.

Nur der gemeinsame Name der Organisation ist weiter umstritten. Daß es ein Doppelname wird, ist mittlerweile Konsens. Welcher der beiden Altnamen vorne stehen soll, wird erst auf einer abschließenden Beratungsrunde vor den Januarparteitagen entschieden. eis