Recht auf Bildung auch für Flüchtlingskinder!

■ Die GEW fordert neue Lehrstellen, damit Kinder von Asylbewerbern ausreichend unterrichtet werden können

, damit Kinder von Asylbewerbern ausreichend unterrichtet werden können

Nach den Herbstferien blieben einige Stühle in Hamburger Klassenräumen leer. Die bisher dort lernenden ausländischen Schüler, Kinder von Asylbewerbern oder unbegleitete Flüchtlingskinder, wurden inzwischen abgeschoben.

Das ist nach Ansicht von Hans- Peter de Lorent eine schlimme Sache, von der sowohl Lehrer als auch die noch geduldeten Schüler betroffen sind. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte gestern auf einer Pressekonferenz von der Schulbehörde eine „solidarische und konstruktive Prüfung“ konkreter Betreuungsprogramme.

Derzeit leben 2507 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche in Hamburg. Jeden Monat kommen 160 hinzu, sie haben weder Eltern noch Verwandte. Über 16jährige werden wie Erwachsene behandelt. Sie werden auf die allgemeinen Notunterkünfte verteilt und haben keinen besonderen Anspruch auf Betreuung.

Der eigentliche Skandal aber ist für die GEW die systematische Ausgrenzung der Flüchtlingskinder. „In Hamburg besteht für diese Kinder und Jugendlichen keine Schulpflicht“, erklärte Ulla Neumann, Professorin im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. „Damit haben sie auch kein Recht auf Schulbildung.“ Sie können sich aber freiwillig zum Unterricht melden. Allerdings: 670 Jugendliche, deren Asylantrag bislang nicht anerkannt ist, haben sich im Sommer für Berufsschulen angemeldet, nur 300 von ihnen sind aufgenommen worden. Die übrigen müssen auf die Einrichtung weiterer Klassen bis zum Februar nächsten Jahres warten. „Dieses Verhalten der Schulbehörde steht im Widerspruch zu der Haager Minderjährigenkonvention“, so Ulla Neumann. In sechs Bundesländern besteht Schulpflicht für Flüchtlingskinder, darunter in Bayern und Bremen.

Doch in Hamburg sind die einzelnen Schulen überfordert: Immer mehr Flüchtlingskinder drängen freiwillig in die Klassen. „Die Schulbehörde hat sich jetzt genötigt gesehen, multikulturelle Klassen auf 30 Schüler aufzustocken und in zwei Gruppen zu unterrichten“, sagte Christa Goetsch, Pressesprecherin der GEW. Damit halbiere sich aber auch die Stundenzahl für die einzelnen Schüler. An muttersprachlichen Unterricht sei erst recht nicht zu denken. „Deshalb brauchen wir dringend 90 zusätzliche Lehrerstellen“, forderte Hans-Peter de Lorent.

Ganz so dramatisch sieht Pressesprecher Ulrich Vieluf von der Schulbehörde die Situation noch nicht: „Die Halbierung der Klassen erfolgt vorübergehend.“ Genaue

Termine gebe es aber nicht. „Au-

1ßerdem arbeiten wir an einer Drucksache, um zusätzliche Mittel für neue Planstellen einzuwerben.“ Bürgerschaft und Senat müßten dann zustimmen. „Unser Problem ist, daß Hamburg die größte Zuwachsrate bei Flüchtlingen hat, ungefähr doppelt soviel wie Berlin.“

Nach Angaben von Oberschulrat Hans-Joachim Schwenke müßte die Zahl der sogenannten Auffangklas-

1sen, in denen Deutschunterricht erteilt wird, von derzeit 40 auf 80 verdoppelt werden. „Letzte Entscheidungen sind noch nicht getroffen.“ Auch er betont die Vorläufigkeit der momentanen Notprogramme. Und: „Die Schulbehörde differienziert nicht nach aufenthaltsrechtlichen oder familienbedingten Voraussetzungen.“ Torsten Schubert