„Es gibt keine Entschuldigung“

■ Auch in Niedersachsen protestierten Menschen gegen die Morde von Mölln

Auf den Mord an drei Türkinnen hat es auch zwei Tage nach dem Brandanschlag in Mölln zum Teil heftige Reaktionen gegeben. Aus Protest hat am Dienstag eine Gruppe von etwa 60 AusländerInnen und Deutschen das Büro der CDU-Fraktion im Stadtrat von Hannover besetzt. Türkische Unternehmer in Deutschland erwägen einen Steuerboykott, falls die Bundesregierung Ausländer nicht schützen kann. Verschiedene Organisationen und Parteien forderten dazu auf, der Ausländerfeindlichkeit entschieden entgegenzutreten.

Der Vertreter des türkisch- deutschen Unternehmervereins, Ahmet Güler, forderte in Hannover, ausländerfeindliche Gruppen müßten so bekämpft werden, wie es mit der Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF) geschehen sei. Güler überreichte Landtagspräsident Horst Milde (SPD) eine von verschiedenen Vereinen unterzeichnete „Erklärung zu den Morden an drei Türkinnen in Mölln“. Außerdem wurde auf den Stufen zum Landtagsgebäude ein Kranz niedergelegt, auf dessen Schleife stand: „Es gibt keine Entschuldigung.“

„Die Morde von Mölln sind die Fortsetzung einer Blutspur, die sich seit etwa zwei Jahren durch den bundesdeutschen Alltag zieht und alleine in diesem Jahr etwa 20 Menschen das Leben gekostet hat“, heißt es in der Erklärung. Noch immer würden Neonazis und Rechtsradikale von „Justiz, Polizei, Verfassungsschutz und Politik verharmlost“. Güler kündigte für Freitag einen Schweigemarsch durch Hannover an.

Milde sprach den türkischen Mitbürgern sein „tiefstes Mitgefühl“ wegen der Möllner Morde aus. „Wir halten unsere ausländischen Mitbürger für gefährdet“, sagte Innenminister Gerhard Glogowski (SPD). Der Grünen-Abgeordnete Hannes Kempmann forderte konkrete Schritte gegen Ausländerfeindlichkeit. Der CDU-Landesvorsitzende Josef Stock forderte die Deutschen auf, „aus ihrer Wohlstands-Gleichgültigkeit aufzuwachen“ und überall, auch am Arbeitsplatz, ausländerfeindlichen Aktionen und Parolen entschieden entgegenzutreten.

Mit „Bestürzung und Empörung“ hat der Bundesvorsitzende der Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, auf den Brandanschlag in Mölln reagiert. Die Gesellschaft kritisiere zwar die menschenrechtswidrige Behandlung von Minderheiten in der Türkei, vor allem der Kurden. Unabhängig davon sei es jedoch selbstverständlich, daß den türkischen Mitbürgern größter Respekt entgegengebracht werden müsse. Die Ausländerseelsorger der Diözese Hildesheim forderten in einem Appell, durch eine „strikte Anwendung der Gesetze den Gewalttaten ein Ende zu setzen.“

Die Besetzung des Büros der CDU-Stadtratsfraktion in Hannover endete nach einer Stunde, nachdem mit polizeilicher Räumung gedroht worden war. dpa