■ Cash & Crash
: Unruhige Devisenmärkte

Wer hat wohl derzeit den publicityträchtigsten Job im Wirtschaftsleben? Erraten, es ist der Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger. Noch im Sommer bezeichnete der Boß der deutschen Währungshüter das Europäische Währungssystem (EWS) als eine Erfolgsstory. Und seit es mit Europas Währungen drunter und drüber geht, muß sich der Bundesbanker auf jeder Sitzung fragen lassen, wie lange er noch an der fatalen Hochzinspolitik festhalten wolle.

Über vier Jahr hatte es in dem Wechselkursverbund keine Anpassung gegeben, das genügte für Schlesingers befriedigende Einschätzung. Doch während die Notenbanker, Finanzminister und allen voran die Staats- und Regierungschefs heile Welt spielten, war den Anlegern und Devisenhändlern nicht verborgen geblieben, daß der Gleichlauf der europäischen Volkswirtschaften eine nur mit offiziösen Bulletins gestützte Illusion geblieben war. Unterschiedliche Zinsniveaus bei fast fixen Wechselkursen – auch ohne Taschenrechner schlug da das Herz jedes Anlegers höher. Im September schlugen sie zum ersten Mal, in der letzten Woche zum zweiten Mal zu. Devisenanalysten halten selbst die jüngste Neuordnung der EWS-Paritäten für keinesfalls ausreichend und prophezeien bis zum Jahresende weitere Wechselkursanpassungen. Nachdem es bereits das britische Pfund, die Lira, die Peseta und den Escudo hart getroffen hat, gelten jetzt vor allem das irische Pfund und die Dänen-Krone als Abwertungskandidaten. Selbst der Franc geriet seit Wochenbeginn wieder unter Druck.

Wenn es einen Markt gibt, der nach der Markttheorie funktioniert, ist es der Devisenhandel. Die Korrektur der überbewerteten Kurse wurde vom Markt erzwungen, und nicht, wie es die Politiker und Notenbankchefs so gerne darstellen, von gierigen Spekulanten in die Knie gedrückt. Bereits bei den Währungsturbulenzen im September hatten die Notenbanken versucht, die Kurse mit einer mäßigen Zinssenkungsrunde zu stabilisieren, die jedoch wenig Wirkung zeigte. Nun schaut alles wieder auf Schlesinger. Doch ein Realigment automatisch mit dem Gedanken an neue Zinssenkungen zu verknüpfen, dem hat die Bundesbankspitze bereits eine Abfuhr erteilt. Die Devisenhändler aber werden mit Spannung auf die nächste Zentralbankratssitzung und auf den EG- Gipfel Mitte Dezember in Edinburgh warten – und dann wieder zuschlagen. Erwin Single