Neue Entgiftungsstation für Junkies

■ Harte Kritik vom Pflegepersonal / Klinikdirektor klagt repressive Drogenpolitik an

In Bremen gibt es eine neue Akutstation für Drogenabhängige. Gestern wurde sie mit 12 Betten im Krankenhaus Sebaldsbrück offiziell eingeweiht. Mit ihrer Arbeit hat die Station allerdings schon im Oktober begonnen und 36 PatientInnen seither zur Entgiftung aufgenommen. Damit gibt es für Drogensüchtige jetzt 24 Entgiftungsplätze in Bremen, davon 30 Prozent für Bremerhavener.

In der neuen Station der Psychiatrie am Zentralkrankenhaus- Ost leben die Drogenabhängigen in einer therapeutischen Gemeinschaft. Den Rahmen ihrer Therapie — ob in kurzem oder langem Schema, als Vorbereitung auf eine Abstinenztherapie oder nur als „Verschnaufpause“, bestimmen die Patienten selbst. Daß 13 MitarbeiterInnen, darunter 1,5 Ärzte, die 12 Patienten betreuen, liegt an den besonderen Erfordernissen: Ständige Kontrollen, damit keine Drogen ins Haus kommen, begleitete Spaziergänge usw. machen mindestens Doppelbetreuung nötig.

Die Einweihung mit Gesundheitssenatorin Irmgard Gaertner und der Presse nutzte der zuständige Pflegeleiter Herbert Clemens für deutliche Kritik an der Ausstattung seiner Station. Daß ein Psychologe in ihrem 13 Stellen starken Team arbeite, stünde lediglich in der Presseerklärung. Auch von den anderthalb Sozialarbeiterstellen sei bisher lediglich eine besetzt, die ausstehende Halbe solle angeblich unbesetzt bleiben. „Supervision war uns in der Ausschreibung zugesagt worden. Ob wir sie je bekommen, steht in den Sternen“, beklagte Clemens. Nach Ansicht der Mediziner ist Supervision in einem derart belasteten Arbeitsbereich aber dringend notwendig. Kritik auch am „Mobiliar am Rande des Sperrmülls“: Möbel und Kicker im Aufenthaltsraum der neuen Station hat Clemens aus der Kaserne in Garlstedt organisiert, „wie, fragen Sie mich besser nicht.“ Die Bilder an den kargen Flurwänden stiftete eine Sekretärin der Chefetage.

„Wir brauchen aber vor allem auch Wohnraum für unsere Patienten“, forderte Clemens. Sie nach zwei Wochen Entzug in die Obdachlosigkeit zu entlassen, bringe sie so gut wie sicher in wenigen Wochen auf die Station zurück — zumal in Bremen die Kostenübernahme für Therapie nach dem Entzug noch längst nicht nahtlos funktioniere.

Harsche Kritik an der Zerschlagung des Drogenstrichs und dem Entzug der Betreuungsangebote für Frauen äußerte Klinikdirektor Peter Kruckenberg: „Die Frauen werden in den Untergrund gedrängt. Dies ist für sie eine Lebensbedrohung.“ Angesichts der Entwicklungen in dieser Gesellschaft lande man auf diesem Weg bald wieder bei Diskussionen über „lebensunwertes Leben“. Kruckenberg: „Wir brauchen ein niedrigschwelliges integriertes Angebot. Wir müssen die Schwerstabhängigen da abholen, wo sie sind.“ Das Krankenhaus werde sich in dieser Debatte auch weiter öffentlich einmischen, um die Politik der Gesundheitssenatorin für ein integriertes Versorgungssystem zu stützen. ra