■ Die Konferenz in Kopenhagen erweckt Hoffnung
: Testfall Ozonloch

Um es gleich vorweg zu sagen – das Dünnste steht uns noch bevor. Jedes noch so positive Verhandlungsergebnis bei der jüngsten Weltkonferenz zum Ozonloch in Kopenhagen hätte eines nicht verhindern können: daß bis zum Jahr 2000 die Ozonschicht immer durchlässiger und die UV-Strahlung immer stärker wird. Und dies, weil die Sünden der Vergangenheit langsam gen Himmel steigen und dort lange fortleben. Die Gefahr, mit der in Kopenhagen um die Wette konferiert wurde: eine um zehn Prozent dünnere Ozonschicht im Winter des Jahr 2000 auch über Asien, Nordamerika und Mitteleuropa. Dies bedeutet zunehmend schauerliche Erlebnisse unter der Dusche oder beim Dermatologen – 26 Prozent mehr Hautkrebs. Ja, es ist soweit, die Wissenschaft liefert inzwischen profunde Kennziffern, mit deren Hilfe sich das Prädikat „Melanom-Minister“ bockigen Umweltpolitikern verleihen läßt.

Zynismus beiseite. Auf der 4. Nachfolgekonferenz zum Montrealer Protokoll von 1987 zeigte sich UNO- Umweltchef Mostafa Tolba unterm Strich zufrieden— auch wenn er moserte über die laffen Kompromisse bei den teilhalogenierten FCKW mit ihren späten Ausstiegszeiten und dem enttäuschenden „freeze“ des neu ins Protokoll aufgenommenen Ozonkillers Methylbromid. Ein persönlicher Erfolg Tolbas ist gewiß der um eine halbe Dekade vorgezogene Totalverzicht auf Halone und FCKW. Bis zum Jahr 2000 kann man sich nun auf anderes konzentrieren.

Die wichtigste Schlacht wurde sicher bei der Geldvergabe an die Entwicklungsländer geschlagen. Es gibt jetzt den dauerhaften multilateralen Fonds, über den Dritte Welt und Industrieländer – demokratisch – gemeinsam bestimmen. Eine Abfuhr für das weltbankgesteuerte GEF-Modell, bei dem die Geldgeber den Ton angeben. Zwar sind die Finanzspritzen nicht so groß wie erwartet, aber die Mittel sind aufgestockt worden, und eine weitere Erhöhung ist verhandelbar. Und darauf kommt es an.

Fast alles ist verhandelbar im Montrealer Protokoll– Ausstiegsfristen, Grenzwerte, Aufnahme neuer ozonzerstörender Stoffe. Darin liegt seine Stärke und seine Chance zugleich. Nicht Anpassung an die Katastrophe, sondern ihre Vermeidung durch flexible Verhandlungen – dies der Geist Kopenhagens –, bei denen jedem Delegierten „good will“ unterstellt wird. Vielleicht ein Modell, das auch für die vielfach teuere Beseitigung der CO2-Verglasung des Treibhauses Erde dienen könnte. Und dennoch kein Grund zum Jubeln, wie Greenpeace mahnte: Wer das Ozonloch ernsthaft schließen will, ißt mit dem Teufel um die Wette. Bleibt nur festzuhalten: Es gibt viel zu tun – machen wir es dicht. Thomas Worm, Kopenhagen