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„Strengste Geheimhaltung“ für Plutoniumflüge

■ Interview mit Chris Bunyan von der schottischen Umweltgruppe „Northern European Nuclear Information Group“ zu den Plutoniumflügen nach Dounray

taz: Sie haben behauptet, daß es schon in der Vergangenheit Plutonium-Transportflüge vom Kontinent aus nach Schottland gegeben habe. Welche Beweise haben Sie für diese These? Bislang war immer nur von Schiffs- oder Eisenbahntransporten die Rede.

Chris Bunyan: Es gab von Ende 1991 an mehrere Transportflüge mit plutoniumhaltigen Brennelementen zum Flughafen Wick in Schottland. Dafür gibt es zahlreiche Augenzeugen. Das Ausladen der typischen Behälter für den Plutoniumtransport in Wick erfolgte unter dem Schutz bewaffneter Polizei. Und unter Polizeischutz wurden die Behälter dann auf Lastwagen nach Dounray gebracht. Die Werksleitung von Dounray hat daraus auch kein Geheimnis gemacht. Und die Lokalpresse hier hat darüber berichtet.

Woher kamen diese Transportmaschinen?

Wir nehmen an, daß die Flugzeuge in Frankreich gestartet sind. Es handelte sich um Maschinen der französischen Gesellschaft TNT vom Typ Hercules. Die plutoniumhaltigen Brennelemente, die von TNT nach Wick geflogen wurden, kamen aus Belgien. Sie wurden mit der Bahn nach Frankreich verbracht – wohin, wissen wir allerdings nicht. Vor dem ersten Start unterlag das ganze Unternehmen Lufttransport strengster Geheimhaltung. Selbst auf dem kleinen Flughafen von Wick wußte offenbar bis kurz vor der ersten Landung keiner der Verantwortlichen etwas von der brisanten Fracht der TNT-Maschinen.

Was macht Sie so sicher, daß es sich bei diesen Brennelementen um plutoniumhaltige MOX-Elemente gehandelt hat?

Erstens gibt es in Dounray einen Schnellen-Brüter-Forschungsreaktor, der nur mit diesen MOX- Brennelementen arbeitet. Es wäre also völlig unsinnig, normale Uran- Brennelemente nach Dounray zu schaffen. Und zweitens hat die Werksleitung in Dounray bestätigt, daß es sich um MOX-Brennelemente gehandelt hat. Insgesamt beinhalteten die Brennelemente fünf Tonnen Uran und 1,2 Tonnen Plutonium. Die Brennelemente gehören der deutschen Schnelle- Brüter-Kernkraftwerksgesellschaft (SBK) und waren in Belgien gelagert worden. Jetzt wartet man in Dounray auf die 123 MOX- Brennelemente aus Hanau, die in sechs oder sieben Flügen von Deutschland aus nach Schottland verbracht werden sollen.

Was glauben Sie, warum sich SKB in Zusammenarbeit mit Frankreich und Dounray für den riskanten Transport der MOX- Brennelemente per Luftfracht entschieden hat?

Man hat dort wohl Angst vor Blockaden von Greenpeace oder anderen Umweltschutzorganisationen. Auch ist die britische Transportarbeitergewerkschaft sehr kritisch, was ökologische Fragestellungen anbelangt. Offenbar hat die Atomgemeinde Zwischenfälle oder Transportverzögerungen durch Streiks befürchtet. Interview: Klaus-Peter

Klingelschmitt

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