Orkan über Hamburg

Was in nur zwei Stunden angerichtet werden kann /  ■ Es gab keine Warnung

Mindestens fünf Tote in Norddeutschland, zahlreiche Verletzte in Hamburg, Verkehrschaos auf Schienen und Straßen, umgestürzte Bäume und abgedeckte Dächer — Bilanz eines Orkans, der gestern morgen zwischen sechs und acht Uhr mit Böen bis zu Windstärke 12 (mit 170 Stundenkilometern) über Norddeutschland hinwegfegte.

Seit sechs Uhr in der Früh hatten 1000 Feuerwehrleute bis zur Mittagszeit schon über 600 Einsätze in der Hansestadt hinter sich gebracht. Noch um 13 Uhr galt dort der Ausnahmezustand, die Einsatzzentrale war personell verstärkt und 55 freiwillige Feuerwehren zusätzlich hinzugezogen worden. Acht leicht verletzte Menschen mußten von Rettungswagen in Krankenhäuser transportiert werden. Menschen wurden von Windböen umgerissen, Bäume kippten auf Autodächer (zwei Männer wurden dabei verletzt), auf drei Bauarbeiter stürzte am Nagelsweg eine Leichtbaudecke nieder. Der Sturm verschonte keinen Stadtteil, teilte die Feuerwehr mit. 80 Prozent der Einsätze wurden notwendig, weil Bäume umgekippt waren, in Harburg und Rissen durchschlugen sie sogar Hausdächer.

Der S- und U-Bahn-Betrieb wurde durch die Äste auf den Gleisen in den Morgenstunden erheblich behindert, die Bahnstrecke nach Bergedorf-Aumühle wurde vorübergehend stillgelegt. Arg betroffen war auch der Schienenfernverkehr: Die Nord-Süd-Verbindung war bis in die Nachmittagsstunden blockiert, der Zugverkehr mußte über Nebenstrecken umgeleitet werden. Auch die Verbindungen nach Berlin und Hannover waren in den Vormittagsstunden unterbro-

1chen. Nicht verschont blieben auch die Autobahnen nach Hannover und Berlin, hier staute sich der Verkehr bis zu zehn Kilometer.

Für manches Schulkind hatte der Sturm auch sein Gutes, denn die Schulbehörde stellte den Eltern frei, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Nicht alle Radiosender teilten dies jedoch den Hamburgern kor-

1rekt mit. Über den NDR, so ärgerte sich gestern Schulbehördensprecher Ulrich Vieluf, wurde berichtet, daß die Behörde trotz Sturm kein Schulfrei gegeben habe. Bei solch extremen Wetterbedingungen, so Vieluf, sei es den Eltern aber generell freigestellt, ihre Kinder von der Schule zu befreien.

Zu einem technischen Großein-

1satz der anderen Art mußte die Feuerwehr mittags in die Karolinenstraße ausrücken. Der Wetterhahn der Gnadenkirche war vom Orkan umgeknickt worden. Er mußte mit einem Kran heruntergeholt werden. Das frisch reparierte Dach, so ärgerte sich der Pastor, hat jetzt wieder ein Loch. Sannah Koch