Scherf: Eltern gewinnen, nicht zwingen

■ Schul-Debatte in der Bremer SPD: Wie steht es mit der Integration?

Klappt die in der Bremer Schulpolitik seit den 70er Jahren programmatische „Integration“ aller Schulformen unter einem Dach und ist dieser Weg nur fortzusetzen? Oder gibt es Gründe, Bilanz zu ziehen und eventuell Korrekturen vorzunehmen? An diese Frage tastete sich der Unterbezirksparteitag Ost der Bremer SPD am Mittwoch heran.

Vom „Wahnsinnsschlagwort Integration“ war da die Rede, „inhaltlich läuft fast gar nichts“, meinte ein Delegierter. „Das fordern wir seit 10 Jahren“, sagte ein anderer, „es stimmt kein Wort davon.“

„Wer so redet, betreibt das Geschäft der FDP und der CDU“, wurde dem entgegengehalten. Deren Forderung nach zwei Gymnasien traditionellen Typs beschäftigt die SPD, die die Austrocknung der gymnasialen Abteilungen der Schulzentren für die Sekundarstufe I befürchtet. Susi Möbbeck brachte das auf den Kern: Keine freie Schulwahl, das geltende System auch der Schulbezirks-Grenzen müsse bleiben, solange „das letzte Gymnasium in den Stadtgrenzen nicht aufgelöst ist“.

Differenziertere Töne waren von dem Vorsitzenden der „Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokraten im Bildungsbereich“ (AfB), Norbert Rüppel zu hören. Entscheidend seien nicht Schulsysteme, sondern die Lehrer. Daß alle Schüler „unter einem Dach“ blieben, war für ihn nur die Voraussetzung dafür, daß „irgendwann mehr als ein Nebeneinander“ entsteht — eventuell erst mit der nächsten Lehrergeneration.

Im Namen der Eltern verteidigte Marianne Isenberg vom Zentral-Elternbeirat (ZEB) die Schulzentren mit der Begründung, die Wahl der einen Eltern berühre immer die Wahlfreiheit der anderen, die Schulpolitik dürfe die sozial Schwachen nicht zusätzlich benachteiligen.

Henning Scherf, einziger Senator im Raum, erinnerte die Delegierten an die politischen Realitäten: Die SPD könne heute nicht mehr behaupten, daß sie mit ihrer Schulpolitik die Mehrheit der Bremer Bevölkerung hinter sich habe. Das Gegenteil sei der Fall. Die SPD dürfe daher „nicht nur selbstgerecht“ über ihre Schulpolitik reden, wenn sie überzeugend wirken wolle. Eltern dürfe man nicht zwingen, man müsse sie gewinnen.

Trotz solcher Bekenntnisse wollte Scherf aber von dem Antrag, die Schulbezirksgrenzen aufzuheben, sondern die Eltern-Entscheidung dem Wettbewerb der Schulen zu überlassen, nichts wissen: Ein „Chaotenantrag“ sei das.

Scherf deutete gleichzeitig an, daß es möglichwerweise bei der Schul-Entscheidung am 15. Dezember nicht mehr um die Frage gehe, ob traditionelle Gymnasien für die „Weiterentwicklung des bremischen Schulsystems“ sinnvoll seien. In der FDP werde die Sachfrage mit der Koalitionsfrage verbunden: „Das ist kein Theater, das Heinrich Welke da veranstaltet.“ K.W.