„Beim nächsten Mal kauf' ich mir 'ne Wumme“

■ Film und Diskussion über Bewaffnung gegen rechte Gewalt in der FU/ Überzeugungsarbeit lasse sich bei rechten Gewalttätern kaum noch leisten

Berlin. „Alexanderplatz. Zug fährt nach Mahlsdorf!“ dröhnt es aus dem Lautsprecher. An der Haltestelle Springpfuhl steigt eine Gruppe von Deutschen ein und bedroht einen Türken. Ayhan läßt sich das nicht gefallen, und zückt, schon zu Boden getreten, das Messer. René wird durch einen Stich in die Schläfe getötet.

Diese Szene, nachgestellt in dem Film „Aufenthalt im Widerstand“, hat sich so Ende 1990 in Berlin ereignet. Ayhans Messerstich wurde vor Gericht als Notwehr anerkannt. Er wurde freigesprochen. Mittlerweile ist die Situation für die in Berlin lebenden AusländerInnen noch viel bedrohlicher geworden. Ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich zu bewaffnen? „Langsam komme ich dahin zu sagen: Ich kauf' mir 'ne Wumme und beim nächsten Fall fahr' ich nach Mölln und schnapp' mir so eine Sau“, erklärt einer der Studenten im Hörsaal der Freien Universität im Anschluß an den Film. Überzeugungsarbeit lasse sich bei den rechtsradikalen Gewalttätern kaum noch leisten, ist die allgemeine Meinung. Der Cousin des „Republikaners“ Rene, den Ayhan in Notwehr tötete, sagt, er habe von der politischen Einstellung seines Vetters gewußt und nichts dagegen machen können. „Es ist bitter, daß wir dieser Gewalt nichts entgegensetzen können als Gewalt“, faßt einer der Studenten zusammen. Angst vor der unvermeidlichen Gewaltspirale, wenn sich jetzt im Gegenzug gegen die rechte Gewalt Linke und AusländerInnen bewaffnen, haben fast alle DiskussionsteilnehmerInnen. Selbstjustiz und organisierte Gegengewalt sei in jedem Fall der falsche Weg, erklärt eine Studentin. Schließlich könne es auch nicht Aufgabe von selbstorganisierten Gruppen sein, einen bewaffneten Wachschutz vor Flüchtlingsheimen zu postieren. Der Staat habe dafür zu sorgen, daß alle BürgerInnen in Frieden leben können.

„Bisher ist noch zuwenig Druck auf staatliche Stellen ausgeübt worden“, stellt ein anderer Diskussionsteilnehmer fest. Der Fall des Angolaners Antonio Amadeu, der Ende 1990 in Eberswalde durch Messerstiche von Skinheads getötet wurde, habe aber gezeigt, daß Druck auf den Staatsapparat sehr wohl etwas bewirken kann. Zunächst habe sich kaum jemand um den Mord gekümmert, die Ermittlungen seien nicht vorangekommen. Nachdem verschiedene Gruppen Solidaritätsaktionen veranstaltet hätten, hätten auch Polizei und Justiz reagiert. „Es muß endlich ein Mord als ein Mord bezeichnet werden und nicht gerade jetzt, nach den rechten Gewalttaten, die Resozialisierungsdebatte geführt werden.“ Anne-Kathrin Koppetsch