■ Vier Tote und Schäden in Millionenhöhe:
: „Ismene“ überfiel Deutschland

Hamburg (dpa/AP/taz) – Orkanartige Stürme haben gestern morgen in Norddeutschland vier Menschenleben und mehrere Verletzte gefordert. Das Orkantief „Ismene“, das mit über 140 Kilometern pro Stunde über Niedersachsen, Hamburg, Mecklenburg- Vorpommern und Berlin hinwegzog, hinterließ eine Spur der Verwüstung und verursachte Schäden in Millionenhöhe.

Entwurzelte Bäume machten Straßen und Schienen unpassierbar. Oberleitungen wurden zerfetzt, Dächer abgedeckt, Reklameschilder und Baugerüste umgerissen und auf Straßen und Wege geschleudert. In Hamburg wurden einige Linien von S- und U-Bahn eingestellt. Die Berliner Feuerwehr rief am Donnerstag vormittag den Ausnahmezustand aus.

In Mecklenburg-Vorpommern kamen drei Menschen infolge des Unwetters ums Leben. In Güstrow wurde eine Frau mit ihrem Kind von einem umstürzenden Baum getroffen. Die Frau starb an der Unfallstelle, das Kind wurde schwer verletzt. In Dabel im Landkreis Sternberg wurde ein Mann in seinem Pkw von einem Baum tödlich getroffen. In Mankmoos im Landkreis Bützow erschlug eine herabstürzende Asbestplatte einen Passanten.

Auf der Autobahn Hannover- Hamburg kam ein Mann ums Leben, als sich die Spitze eines umgestürzten Baumes in sein Auto bohrte und den 51jährigen tödlich am Kopf traf. Auf der Bundesstraße 110 bei Kruckow stürzte ein Baum auf einen Bus der GUS- Streitkräfte. Die Zahl der Verletzten ist nicht bekannt.

In Niedersachsen blockierten umgestürzte Bäume Straßen und Bahnstrecken. Die Bundesbahn mußte mehrere Strecken zeitweise sperren, weil Oberleitungen gerissen waren. Der Berufs- und Reiseverkehr wurde bis in den Vormittag hinein erheblich beeinträchtigt. Zehntausende kamen zu spät zur Arbeit.

In Cloppenburg zerstörte der Sturm eine Halle, in Diepholz warf eine Orkanböe einen Post-Lkw um. In den Landkreisen Diepholz und Nienburg sowie in Hannover fiel wegen des Sturms die Schule aus. In Salzgitter wurde die Leichtbauhalle für die Erörterungen der Einwendungen gegen das Endlager für Atommüll in Schacht Konrad schwer beschädigt. Allein der Sachschaden in Niedersachsen dürfte nach ersten Schätzungen in Millionenhöhe liegen.

In Mecklenburg-Vorpommern blieben Kinder über die Unterrichtszeit hinaus in der Schule und wurden erst nach Hause geschickt, nachdem der Sturm sich gelegt hatte.

Schwere Schäden richtete das Unwetter in Schwerin an, wo die Innenstadt gesperrt wurde. Das Dach einer Klinik wurde völlig abgedeckt. Im Zoo wurden mindestens 20 Bäume entwurzelt.

Zur Beseitigung von Sturmschäden wurden in Berlin am Vormittag zusätzlich 25 Freiwillige Feuerwehren alarmiert, sagte ein Sprecher. In 90 Minuten sei die Feuerwehr zu 130 Einsätzen gerufen worden.

Die höchste Windgeschwindigkeit wurde vom Deutschen Wetterdienst in Basepohl auf der Mecklenburgischen Seenplatte gemessen. Dort tobte der Orkan mit 146 Kilometern pro Stunde. Über den Alexanderplatz in Berlin fegte der Sturm mit 140 Kilometern pro Stunde.

„Ismene“ brachte nach Angaben des Meteorologischen Instituts der FU Berlin so milde Meeresluft mit, daß die Temperatur am Oberrhein am Donnerstag vormittag stellenweise über 18 Grad stieg. Der Deutsche Wetterdienst prophezeit, daß es auch in den kommenden Tagen sehr windig bleiben wird. Nach einer eintägigen Pause werde es am Wochenende besonders im Norden wieder regnen.