: Stasi-Gespräche 'aus Überzeugung'
■ Reaktionen auf Stasi-Vorwurf / Ex-Ratsherr behält SPD-Posten
Der von der Bundesanwaltschaft der Stasi-Zuarbeit verdächtigte Bremer Lehrer Reinhard B. lehnt weiter jede Stellungnahme zu den Vorwürfen und zu dem Inhalt seiner Stasi-„Täterakte“ ab. (vgl. taz 26.11.) Während er sein Achimer Ratsmandat niedergelegt hat, behielt B. seine Position als stellvertretender Ortsvereinsvorsitzender der Achimer SPD. Der SPD-Vorsitzende Rainer Knof will ihm allerdings vorschlagen, sein Parteiamt bis zum Ende des Verfahrens ruhen zu lassen.
Nach einem mehrstündigen Gespräch mit seinem Stellvertreter ist Knof zu der Überzeugung gekommen, daß B. durch seine Gespräche mit der Stasi „weder einer Person noch dem Staat noch unserer Partei“ geschadet habe. „Das hat er wirklich aus Überzeugung getan“, versichert Knof gegenüber der taz, „ich verstehe ihn sehr gut“. B. habe „politisch etwas bewegen“ wollen. Warum er das nicht in Gesprächen mit der SED, sondern ausgerechnet mit der Staatssicherheit versucht habe, kann Knof sich auch nicht erklären: „Vielleicht war es naiv.“
Vor der Veröffentlichung der Tatsache des Ermittlungsverfahrens durch buten&binnen hatte B. seinen Ortsvereinsvorsitzenden nicht über das Ermittlungsverfahren ins Vertrauen gezogen.
Über Einzelheiten seines Gesprächs vom Montag möchte Knof nichts sagen. Auf Nachfrage zur Dauer der Stasi-Mitarbeit äußerte er Verständnis dafür, „daß man sich schlecht erinnert, wann und wo man mit wem Gespräche“ geführt habe. Die Bundesanwaltschaft, deren Ermittlungen sich offenbar auf die Berichte der Führungsoffiziere von B. stützen, hat einen Zeitraum von ca. 15 Jahren angegeben. „Der Zeitraum ist wohl so zu sehen“, interpretiert der Achimer SPD-Chef Knof sein Gespräch mit dem Beschuldigten.
Zurückhaltend haben auch andere Achimer SPD-Politiker reagiert. Fraktionsvorsitzender Johann Steffen möchte „nicht in Stasi-Hysterie verfallen“ und verweist darauf, daß B. bis zu einer Verurteilung als unschuldig zu gelten habe: „Ich habe gehört, daß er selbst bei sich keine Schuld sieht. De facto muß man auch mal feststellen, wenn diese Ermittlungen ohne Öffentlichkeit gelaufen wären, wären sie nie an diese gekommen. Das Ergebnis steht noch nicht fest.“
Bürgermeister Christoph Rippich ist „schockiert“ und „bedrückt“ durch die Situation: „Ich hoffe, daß es zu einer zügigen und rückhaltlosen Aufklärung kommt.“ K.W.
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