■ Porträt
: Kein Geld für Gold

Die Telegramme, Telefaxe und Briefe kamen en masse wie die Schulterklopfer: Funktionäre, Presseleute, Politiker, Fotografen. Das war in und nach Albertville, als Jaqueline Börner über 1.500 Meter im Eisschnellauf Gunda Niemann geschlagen und Gold geholt hatte. Was für ein Jubel um die blonde Lockenmähne! Doch die 27jährige brummte skeptisch: „Vorher hätte ich Zuspruch gebraucht, nicht jetzt.“ Und ein – Bild-Reporter, den sie noch aus DDR-Zeiten kannte, wurde angepfiffen: „Wieviel muß man verdienen, um so einen Dreck zu schreiben wie du.“ Trotzdem, schön war's, sagt sie, die Ehrung hier und der Empfang dort, „hofiert“ ist sie worden, daß es „kaum möglich war, das zu verkraften“. Ist ja schon beeindruckend, „wenn du als Ossi in so'n Ding kommst wie das Interconti“. Da wurde zwischen Sekt und Häppchen der wenig naiven Börner manche Flause ins Ohr gesetzt: Sponsorverträge, die kannst du dir aussuchen! Und? „Keine Anfragen, null Reaktion.“ Ums Auto, hieß es, brauchst du dich gar nicht zu sorgen! Und? „Ich fahr noch immer Fahrrad.“

Das war doch „eine bittere Erkenntnis“, weil sie's eine Zeit lang persönlich genommen hat. Trotz der niedrig gehängten eigenen Erwartungen, aber daß die dann noch unterboten wurden, das hat Jaqueline Börner schon „enttäuscht und überrascht“. Dann aber geht beim Erzählen ein Ruck durch die Frau mit den Mick-Jagger-Lippen: Die Rolle vom jammerigen Ossi kann sie gar nicht leiden. „Mir geht's gut, ich bin dankbar.“ Gerade hat sie eine Lehrstelle bei einer Bank bekommen, womit sie sich vernünftig vorbereiten kann auf Lillehammer '94 und das Leben nach dem Sport. Und eine größere Wohnung hat man ihr verschafft, nahe der Trainingsbahn Berlin-Hohenschönhausen (wo am Wochenende der Weltcup beginnt). Das ist beim hiesigen Immobilienmarkt wie ein Lottogewinn. Ansonsten aber lautet das nacholympische Fazit: „Außer Spesen nichts gewesen.“ Denn zum Affen machen läßt sie sich nicht: „In Klatschspalten zu stehen, darauf legen ich keinen Wert.“ Mit Super etwa hat sich Börner gar nicht eingelassen. Bleibt der Olympiasiegerin, die trotz aller Härte, auch für ihre Familie, positiv zur Wende steht, die Erkentnnis: „In der DDR war's auch so: Wenn's Medaillen gab, waren sie nett zu uns.“ Herr Thömmes