■ Mit dem EG-Geiz auf du und du
: Europa-Assoziationen

Berlin (taz) – „Die Europäische Gemeinschaft hat es in der Hand: Mafia oder Demokratie und Marktwirtschaft“ – mit dieser zugespitzten Formel definierte Jacques Attali einmal die ökonomisch-politische Rolle, welche die EG in Osteuropa spielt. Der Chef der Osteuropa- Bank empfindet es als „unerträgliche Heuchelei“, daß die EG für ihre Produkte in Osteuropa eine nahezu unbeschränkte Importliberalisierung durchgesetzt hat, gleichzeitig aber ihre Märkte für osteuropäische Waren versperrt.

Nachdem die EG schon Polen, der ČSFR und Ungarn Assoziierungsabkommen gewährt hat, folgte jetzt ein weiterer zögerlicher Schritt nach vorn und ein entschiedener zurück: In der vergangenen Woche schloß sie ein Assoziierungsabkommen mit Rumänien ab. Bulgarien wurde es hingegen verweigert.

Rumänien soll das Abkommen mit der EG nicht nur verstärkten Zugang zu westeuropäischen Märkten verschaffen, sondern auch weitere finanzielle und technische Hilfen für den Übergang zur Marktwirtschaft bereitstellen. Festgelegt wurde auch das Langzeitziel einer Vollmitgliedschaft Rumäniens in der EG, die die Gemeinschaft letztlich aber von der ökonomischen Entwicklung des Balkanlandes abhängig machen will. Über Details des Abkommens wollte sich ein EG- Sprecher in Brüssel nicht äußern, da es erst noch vom rumänischen und den EG-Parlamenten ratifiziert werden müsse.

Bulgarien hat aufgrund seiner ökonomischen Struktur einstweilen das Nachsehen. Die besten Chancen auf dem EG- Markt bestünden für das Land mit Produkten aus den vergleichsweise gut entwickelten Bereichen Landwirtschaft, Textilien und Stahl. Genau diese Bereiche will die Gemeinschaft auf ihrem Territorium aber schützen, weil sie ohnehin von der Rezession betroffen sind. Wenn Bulgarien seine Quotenforderungen nicht herunterschraubt, wird ein Assoziierungsabkommen wohl nicht – wie geplant – bis Ende des Jahres zustande kommen.

Tatsächlich hängt das Schicksal der brachliegenden Volkswirtschaften Osteuropas wesentlich an der EG. Der EG aber scheinen zufriedene Schweinezüchter wichtiger zu sein als ein stabiles Osteuropa. Keno Verseck