Wasser in Rostock privatisiert

■ Hansestadt erteilt deutsch-französischem Konsortium Konzession/ Erstmals in Deutschland privates Wasserwerk/ Keine Entscheidung über „großen Rüssel“

Berlin (taz) – Das Wasser, das die Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt Rostock ab Januar 1993 aus ihren Hähnen fließen lassen, wird vielleicht noch nicht sauberer, aber zumindest privat sein. Das hat am späten Donnerstag abend die Bürgerschaft der Hansestadt entschieden. Mit 57 zu 43 Stimmen setzen sich in Rostock die Befürworter einer privatwirtschaftlichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung durch – eine Premiere in Deutschland.

Für Oberbürgermeister Klaus Kilimann (SPD) ist diese Entscheidung kein politisches Zeichen. In seiner Stadt sei über die Privatisierung der Wasserwirtschaft „nicht nach ideologischen Gesichtspunkten entschieden“ worden. „Wir müssen mit der Wasserversorgung von Null auf Hundert in zwei bis drei Jahren“ so Kilimann. Derzeit zapfen die RostockerInnen nämlich täglich 90.000 Kubikmeter aus dem dreckigen Flüßchen Warnow ab. Die Brühe muß derzeit noch heftig gechlort werden. Wenn sie aus den Hähnen rinnt, entspricht sie dennoch nicht den EG-Trinkwasserstandards.

Das französisch-deutsche Konsortium Eurawasser, an dem Lyonnais des Eaux-Dumez mit 49 Prozent und die Thyssen Handelsunion mit 51 Prozent beteiligt sind, habe für die Sanierung der Wasserversorgung das bessere Angebot als die Stadtwerke gemacht. Die Wasserpreise blieben mit den Privaten niedriger und sozialverträglicher, so Kilimann. Deshalb habe Eurawasser die Konzession für die nächsten 25 Jahre erhalten.

Verkehrte Welten in der Tat: Während die SPD geschlossen hinter dem Privatisierungsprojekt steht und auch die Grünen und Bündnis90 es mehrheitlich befürworten, sitzen die entschiedensten Gegner der Privatisierung in der CDU. Finanzsenator Dieter Neßelmann (CDU) glaubt, daß auch die Stadtwerke mit der Wasserversorgung Geld verdienen könnten. Millionen lasse sich die Stadt so jährlich entgehen, hatte der Senator gewarnt. Außerdem könnte die Milliardeninvestition, die Eurawasser plant, an Firmen aus dem Ausland vergeben werden.

Nicht geklärt haben die Stadtväter und -mütter bei ihrer Abstimmung die Frage, wo denn ihr Wasser künftig herkommen soll. Zwei Wasserwege sind prinzipiell denkbar: Zum einen kann die Hansestadt das Wasser des Flüßchens Warnow besser aufbereiten und so die und 280.000 Einwohner mit sauberem kühlen Naß versorgen. Der zuständige Manager bei Lyonnais des Eaux, Jean François Chene, ist überzeugt, daß mit einem modernen Aufbereitungsverfahren das Wasser der Warnow für die Hansestadt ausreicht. Nicht vom Tisch ist aber die Alternative: Das Anzapfen der Mecklenburgischen Seenplatte – der sogenannte große Rüssel.

Der Rostocker Senat hatte die Bewerber um die Wasserversorgung gebeten, die Frage, woher denn das Wasser kommen soll, noch offenzulassen. Oberbürgermeister Kilimann will die Seen nicht unbedingt ruhen lassen. „Wir bräuchten noch ein anderes Bein für die Wasserversorgung der Stadt.“ Doch ob das ohne Schäden für Mecklenburgs Grundwasser abgeht, „darüber sollen sich erst mal die Geologen streiten“. Hermann-Josef Tenhagen