Bremer Neonazis aus Kleingarten gejagt

■ Bremen Nebenzentrum der verbotenen „Nationalistischen Front“ / Flugblätter gefunden

Trauer-Transparent am Goethe-TheaterFoto: Katja Heddinga

Im Rahmen der bundesweiten Verbotsaktion gegen die „Nationalistische Front“ sind auch in Bremen am Freitag abend drei Wohnungen durchsucht worden; in der Nähe des Flughafens diente ein Kleingarten-Haus als logistisches Zentrum der handvoll Bremer NF-Aktivisten.

Festnahmen hat es nicht gegeben, offenbar auch keine besonderen Funde außer dem bekannten Propaganda-Material. Der stellvertretende Leiter des Bremer Verfassungsschutzes, Lothar Jachmann, begrüßte das Verbot als „Signal“. Der ehemalige Bremer Innensenator Kröning hatte seinerzeit schon das Verbot der „FAP“ gefordert, dafür aber im Bundesrat keine Unterstützung erhalten. Inzwischen agiert die FAP in Bremen nicht mehr, ihr nach mehreren Strafverfahren

Haus mit

Transparenten

zeitweise privatisierender „Landesvorsitzender“ taucht inzwischen als „Schriftleiter“ der Bielefelder Neonazi-Gefangenenhilfsorganisation HNG auf. Bei den Aktiven, die heute sich im Umkreis der NF aufhalten, handelt es sich um denselben Personenkreis.

Die „Täter“ der Mord- und Brandanschläge kommen meist allerdings nicht aus den organisierten Kernen der Rechtsradikalen, sondern aus den nur wenig organisierten Vorgruppen. „Die ca. 60-80 Skinheads in Bremen sind bislang als Umfeld rechtsextremistischer Organisationen nur temporär in wenigen Einzelfällen feststellbar“, heißt es in einem VS-Bericht zum Rechtsextremismus in Bremen aus dem November 1992.

In Niedersachsen sind fünf Wohnungen durchsucht worden, das Vermögen der NF wurde be

schlagnahmt.

Aufgrund der Verbotsverfügung macht sich strafbar, wer weiterhin Mitglied der rechtsextremistischen „Nationalistischen Front“ sei oder ihren organisatorischen Zusammenhalt aufrecht erhalte. Zugleich ist es verboten, Ersatzorganisationen zu bilden oder fortzuführen, Kennzeichen dieser Vereinigung dürfen nicht mehr verwendet werden.

„NF“ 1985 gegründet

Die 1985 in der Nähe Bielefelds gegründete „NF“ versteht sich als nationalrevolutionäre Partei im Sinne der Brüder Gregor und Otto Strasser. In Bremen zählt der Verfassungsschutz einen Kreis zwischen 5 und 15 Personen zur „NF“. Im Jahre 1991 hatte die „NF“, um den Schutz des Parteienprivilegs zu erhalten, in Bremen eine Kandidatur zu den Bürgerschaftswahlen angegemeldet und nach Anlaufschwierigkeiten auch die erforderlichen Unterschriften zusammenbekommen. Außer kleineren Plakataktionen und Flugblättern, auf denen die deutsche „Seele“ und „völkische Identität“ mit ausländerfeindlichen Parolen geschützt werden soll, hat die Bremer NF- Gruppierung wenig zustande gebracht. Auch die Gründung militanter „Nationalistische Einsatzkommandos“ (NEK), mit dem der NF-Bundesvorsitzende Meinolf Schönborn (Detmold) aus dem Untergrund heraus agieren wollte, hat in Bremen nicht stattgefunden.

Bei der Vorbereitung der Verbotsaktion hatte die juristische Form der NF eine Rolle gespielt. Nach klassischer Rechtsauffassung sind Parteien nur nach einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu verbieten. Im Innenministerium hat sich in diesem Falle allerdings die Rechtsauffassung durchgesetzt, daß die NF keine Partei ist, sondern sich einzelne Elemente der Partei-Form nur als Schutz gegen ein Verbot zugelegt hat. Eine Rolle hat dabei auch die jüngste Abspaltung der NF gespielt, die die Organisation deutlich schwächte: Die Berlin/ Brandenburger Richtung hatte sich im August unter dem Namen „Förderwerk mitteldeutsche Jugend“ (FMJ) unter einem eigenen Möchtegern-Führer abgespalten. In der NF verblieben nur die Mitglieder aus Bremen/Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

„Die Leute werden sich erneut unter anderm Namen formieren“, glaubt der Bremer Verfassungsschutz-Mann Jachmann. Die Verunsicherung ist aber gewollt: „Wir werden aber wie immer hinterherschauen und zeigen, daß die Bundesrepublik kein Nachtwächterstaat ist.“ K.W.