Wer Rechts hilft, bekommt Prügel von Links

■ Schläge für Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen/ Silvio Meiers Tod verschärft Konflikt mit Hausbesetzern

Berlin. Nach dem Tod von Silvio Meier nimmt die Debatte, ob man Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen machen darf und wie diese auszusehen hat, handgreifliche Formen an. Jüngstes Opfer ist Sozialdiakon Michael Heinisch, der seit zwei Jahren in einem Haus in der Lichtenberger Pfarrstraße auch rechte Jugendliche betreut. In der Nacht auf Samstag sei er vor dem Kreuzberger Veranstaltungszentrum „SO 36“ von mehreren Männern verprügelt worden, berichtete der Diakon gestern der taz. Heinisch, der schon zu Zeiten der DDR in der Lichtenberger Erlösergemeinde Punks, Hooligans und Skinheads betreute, habe sich im Krankenhaus ambulant behandeln lassen müssen. Er habe am ganzen Körper Prellungen davongetragen. Seinen Angaben nach habe ein Hausbesetzer aus der Pfarrstraße die Schlägerei angeführt. Gegen ihn erstattete er Strafanzeige.

Bis zu dem Tod von Silvio Meier hatten sich die Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und den von Heinisch betreuten Jugendlichen weitgehend beruhigt. Zuletzt verübten Unbekannte im Oktober vergangenen Jahres einen Brandanschlag, bei dem das Dach schwer beschädigt worden war. Der nächste Brandanschlag folgte im September dieses Jahres auf das selbstverwaltete Marzahner Skinhead-Projekt „Wurzel“. Die Polizei erhielt ein Bekennerschreiben einer „Roten Antifaschistischen Fraktion“. Seit dem Tod von Meier soll sich dann aber auch in der Pfarrstraße die Stimmung erneut verschlechtert haben. Er sei mehrmals als „Nazi-Heinisch“ beschimpft worden, berichtete der Diakon. Die Jugendlichen erhielten Drohungen, sie seien „nach Feierabend dran“. Unbekannte sollen die Scheiben des Projekt-Hauses zerschmettert, Stuck von den Decken geschlagen und die Wände beschmiert haben. Die Autoreifen von Heinischs Privatwagen sowie des Projekt-Lasters seien zerstochen worden. Insgesamt betrage der Schaden über 30.000 Mark.

Besetzer der Pfarrstraße behaupteten gestern der taz gegenüber, daß Heinisch Mitglieder der rechtsradikalen „Nationalen Alternative“ betreue. Freitag letzter Woche, als Silvio Meier von Hooligans erstochen worden war, sei einer ihrer Mitbewohner von Jugendlichen aus Heinischs Projekt verprügelt worden. Der Mitbewohner trug gestern an Arm und Kopf einen Verband.

Heinisch betonte gegenüber der taz dagegen, daß er nicht mit Rechtsradikalen arbeite, sondern mit Kids aus dem Kiez, zu denen auch „rechtsorientierte“ Jugendliche zählten. Sein Jugendprojekt werde Anfang Februar enden. Dann seien die Jugendlichen mit der Renovierung des Hauses und zehn weiteren Wohnungen in der Umgebung fertig. Das Projekt sei erfolgreich gewesen, weil die durch die Wende orientierungslos gewordenen Jugendlichen in den von ihnen renovierten zehn Wohnungen lebten und inzwischen in der Ausbildung seien oder einer geregelten Arbeit nachgingen.

Ab Februar sollen in der Pfarrstraße Kids leben, die sozial betreut werden müssen. Minderjährigen auf Trebe soll dort Unterschlupf gewährt werden. Dirk Wildt