Eimsbüttel: Keine Hilfe für Junkies?

■ Bürgerinitiative kämpft gegen schwimmende Drogenberatungsstelle / Morgen öffentliche Diskussion über Drogenschiff

gegen schwimmende Drogenberatungsstelle / Morgen öffentliche Diskussion über Drogenschiff

Hamburg, deine Bürger! Wo immer in der Hansestadt Betreuungseinrichtungen für bedürftige Menschen entstehen sollen, melden die Nachbarn Kritik an. Tenor: Hilfe ist notwendig, aber bitte nicht hier. Aktuelle Variante: Der Protest gegen eine schwimmende Drogenberatungsstelle auf dem Isebekkanal.

Zwei Jahre lang suchten die Eimsbüttler BezirkspolitikerInnen nach geeigneten Räumlichkeiten für eine Drogenberatungsstelle in ihrem Bezirk. Ergebnislos. Nun soll das Drogenhilfezentrum auf den Isebekkanal. An einen ausgedienten Schiffsanleger gegenüber dem Hoheluft-Bahnhof sollen zwei Pontons angedockt und darauf ein Container aufgestellt werden. Die städtische Drogenberatungsstelle Drosselstraße will hier Beratungsgespräche für die Konsumenten illegaler Drogen anbieten, den Tausch von Spritzen organisieren und ein Cafe einrichten. Anfang 1993 sollen die Container kommen, Gesamtkosten rund eine dreiviertel Million Mark. Am Mittwoch wollen nun Bezirksamt und Gesundheitsbehörde die Anwohner über das Vorhaben informieren.

Doch ein vernünftiger Dialog zwischen Politikern und Anwohnern scheint fast ausgeschlossen. Seit Wochen vergiftet eine Bürgerinitiative „Aktion Hoheluft gegen Drogenschiff“ die Atmosphäre mit Horrorszenarien. „Die Grünanlagen am Isebekkanal werden von Junkies und Dealern übernommen“, so warnt ihr Flugblatt. Für die Initiative steht sogar jetzt schon fest, daß „Sicherheit und Ordnung in dem Park und den angrenzenden Wohngebieten nicht länger aufrecht zu erhalten“ seien. Gedealt würde „zukünftig in unmittelbarer Nähe der Schulen“ und die „Beschaffungskriminalität steigt hier enorm“.

Hamburgs Drogenbeauftragter Horst Bossong ist über diese Argumentation empört: „Drogenabhängige sind schließlich keine Zombies, die mit der Spritze im Anschlag hinter dem Gebüsch auf Schulkinder lauern.“ Es sei völlig aus der Luft gegriffen, daß Dealer generell die Umgebung von Drogenberatungsstellen als Umschlagplatz für illegale Drogen suchten. Bossong: „An keiner Beratungsstellen außerhalb von St. Georg können wir so etwas beobachten“.

Deshalb will er das Drogenschiff notfalls auch gegen den Protest der Bürgervereinigung durchsetzen. Mit der Losung „Pech gehabt, Drogis, es gibt hier keine Hilfe“, könne man sich kaum aus der Affäre zie-

1hen. Allerdings besteht der Drogenbeauftragte nicht auf der Schiff- Variante: Auch ein anderer zentraler Platz in Eimsbüttel sei denkbar.

Doch im Bezirk soll es bleiben. „Wenn wir auf alle Bürgerproteste

1hören, werden wir bald keinen Platz mehr finden“. Bossong erbost: „Erst gegen Asylanten-Wohnheime, jetzt gegen Junkies, bald vielleicht gegen Behinderte. Irgendwann haben wir nur die Schicky-

1Mickis in Hamburg und der Rest muß sehen wo er bleibt“. Marco Carini

Die Veranstaltung des Bezirksamts beginnt um 18 Uhr in der Aula des Gymnasiums am Kaiser-Friedrich-Ufer