Rechte vernetzen sich bundesweit

■ Glogowski kritisiert Verfassungsschutz / Asylanschläge: Ein Täter gefaßt / Demo in Lingen

Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) hat das Bundesamt für Verfassungsschutz kritisiert, weil es die rechtsextremistischen Aktivitäten zu unterschätze. Es sei falsch, daß der Präsident des Bundesamtes, Eckhart Werthebach, weiterhin behaupte, es gebe keine überregionalen Verbindungen zwischen den verschiedenen Gruppen. Nach seinen Erkenntnissen finde inzwischen eine „Vernetzung“ der Aktivitäten statt. „Im organisierten Rechtsextremisten haben wir es mit einer neuen Qualität zu tun“, sagte der SPD-Politiker am Montag vor Journalisten in Hannover. Der Innenminister plädierte außerdem für schnelle Ermittlungen in den angezeigten Fällen und für schnellere Verurteilungen.

Die FDP forderte gleich mehr Kompetenzen für den Verfassungsschutz, dem zwingend die nötigen gesetzlichen Instrumente zur Verfügung gestellt werden müßten, erklärte der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kurt Rehkopf am Montag in Hannover.

Unterdessen hat die Polizei ein Geständnis über einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim in Winsen an der Luhe. Ein ebenfalls festgenommener zweiter Mann schweige noch, sagte ein Sprecher der Kriminalpolizei auf Anfrage. Kurze Zeit nach dem Anschlag hatte die Polizei zunächst fünf Männer in einer Wohnung festgenommen. Sie seien stark alkoholisiert gewesen. Bei ihnen sei ein Wert zwischen 2,1 und 3,5 Promille festgestellt worden, sagte der Polizeisprecher. Bei der Durchsuchung der Wohnung seien keine Hinweise auf einen rechtsextremistischen Hintergrund gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft hat einen Haftbefehl wegen versuchten Mordes und menschengefährdender Brandstiftung beantragt.

Mit einer Demonstration haben ebenfalls gestern nach Polizeiangaben rund 4.500 Schüler und Lehrer der Lingener Schulen auf einen Anschlag reagiert, der am Sonntag morgen auf ein Asylbewerberheim in Lingen (Kreis Emsland) verübt worden war. Dabei hatten Unbekannte Brandsätze auf die Fenster des Heimes geschleudert. Menschen waren nicht zu Schaden gekommen. Mit der Demonstration solle ein Zeichen der Solidarität zu den Ausländern gesetzt werden, hieß es.

Vor einer Gewöhnung an die zunehmende rechtsradikale Gewalt hat gestern der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, gewarnt. Er sehe die Gefahr, daß die Deutschen die täglichen Meldungen über Anschläge allmählich „als normal“ ansähen, sagte Bubis am Montag anläßlich der Gedenkfeier zum 40jährigen Bestehen der Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen. Bubis warnte ebenso eindringlich davor, auf andere Länder in Europa zu verweisen, in denen es ähnliche Gewalttägigkeiten gebe. Ein gemeinsamer Weg der Demokraten in der Asylpolitik sei sicher dringend nötig. Aber genauso notwendig sei jetzt die Bekämpfung der Gewalt. dpa