6.000 mit Fackelzug für Klöckner

■ Hochofen auf Bahnhofsvorplatz installiert / Kurzarbeit angemeldet

Fast 6.000 Menschen demonstrierten gestern nachmittag auf dem Domshof für die Zukunft der Bremer Klöckner-Hütte. Nach einer Betriebsversammlung in der Stadthalle waren rund 4.000 KlöckneranerInnen mit einem Fackelzug in die „gute Stube“ gezogen, um Bremen wachzurütteln, wie Betriebsratsvorsitzender Peter Sörgel formulierte — „In Bremen muß über unsere Situation geredet werden!“. Auf dem Bahnhofsvorplatz montierten Klöckner-Azubis einen Mini-Hochofen. Hier soll noch bis morgen, nebeneinem Infostand, Roheisen produziert werden.

„Es braucht ja schon Mut, vor Tausenden zu reden“, wagte sich der Klöckner-Arbeitsdirektor Hagen Breitinger so gerade eben mal ans Mikro — auf der Betriebsversammlung, nicht auf der Demo. Von ihm und Vorstandsvorsitzenden Jürgen Großmann, der mit einem gellenden Pfeifkonzert seiner Belegschaft empfangen wurde, gab es Altbekanntes zu hören: Noch sei nichts entschieden, die Stahlindustrie sei in einer Krise, man kämpfe mit der Belegschaft um die Hütte. „Ich bitte Sie, mir zu glauben, daß nicht die Absicht besteht, den Stahlbereich hinterrücks abzusondern“, sagte Großmann.Immerhin wolle man bis zum 15. Januar „ein besseres Konzept als das von Hoogovens“ vorlegen. Die Stahlkrise zwingt im übrigen nun auch Klöckner Bremen zur Kurzarbeit: Vom 19. Dezember an bis zum 15. Januar wird außer im Hochofen 3 und im Stahlwerk kurzgearbeitet.

Zur Kundgebung kamen, wie schon bei der Demonstration vor den Klöckner-Toren, Solidaritäts- Delegationen aus Bremer Firmen: Von der Deutschen Airbus über den Vulkan bis zu Mercedes-Benz und der Bremer Silberwarenfabrik waren ProtestlerInnen vertreten. Aus Brandenburg bekundete das Hennigsdorfer Elektrostahlwerk seine Solidarität.

„Diese Hütte in Bremen ist unser aller Hütte“, rief Bürgermeister Klaus Wedemeier und machte noch einmal die Bedeutung der Hütte für das Land Bremen und die Unterweser-Region deutlich. „Wir alle kämpfen mit Euch“ versprach er und drohte dem Duisburger Klöckner-Vorstand: „Die werden mich nicht los!“ Er habe es satt, den Kampf um die Arbeitsplätze immer wieder von vorn zu beginnen, „weil Unternehmer wortbrüchig werden.“ Erneut schoß Wedemeier auf die verbotswidrigen Subventionen der anderen EG-Länder: „Die EG-Konventionen werden von Engländern und Franzosen geschrieben, von Italienern gelesen und von Deutschen eingehalten“.

Doch es ging um mehr als „nur“ um Klöckner: Viele Redner machten Ausländerfeindlichkeit zum Thema, und der IG-Metall-Bezirksvorsitzende Manfred Muster wetterte minutenlang gegen die „Kahlschlagpolitik der Konzerne“ und die unsoziale Politik der Bundesregierung — „Wir stehen offensichtlich vor einer Welle der Arbeitsplatzvernichtung“, sagte er — Betriebsratsvertreter des Mercedes Benz-Werkes und des Bremer Vulkan zeichneten ebenfalls ein düsteres Bild. Doch so richtig wach ist Bremen noch immer nicht: Kaum jemand der WeihnachtseinkäuferInnen schloß sich spontan dem Demonstrationszug an, und während auf dem Domshof gewettert wurde, lief es auf dem Weihnachtsmarkt nebenan weiter wie immer. skai