„Jugoslawinnen vor Abtreibung bewahren“

■ Heidelberger Verein kümmert sich um Abbrüche nach Vergewaltigung

Berlin (taz) – „Die Adventszeit und das Weihnachtsfest rücken wieder in greifbare Nähe – für uns jedes Jahr ein neuer Höhepunkt ganz anderer Art: Die Zahl und die Heftigkeit der Konfliktgespräche nimmt zu.“ So beginnt ein Ende November vom Verein „Die Birke“ versandter Rundbrief an Freunde und Mitglieder des Vereins. Gemeint sind Schwangerschaftskonfliktberatungen, denn seitdem „Die Birke“ 1986 von Joachim Dengler gegründet wurde, betreibt sie eine solche Beratungsstelle in Heidelberg. In christlicher Nächstenliebe hat es sich der Verein zum Ziel gemacht, „Frauen vor einer Abtreibung zu bewahren“.

Daran wäre weiter nichts Auffälliges, immerhin kümmert sich so manche Organisation lauthals und mit den perfidesten Mitteln darum, daß Schwangerschaftsabbrüche als Tötung geahndet werden. Und so manche BeraterIn hat es sich zur Aufgabe gemacht, unsicheren Frauen ins Gewissen zu reden. „Die Birke“ hat nun in den Zeiten des Krieges im ehemaligen Jugoslawien ein neues Beratungsobjekt ausgemacht: die Jugoslawin. „Sehr unmittelbar beschäftigen wir uns in dieser Zeit mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien, da durch die Flüchtlingsströme in zunehmendem Maße schwangere Jugoslawinnen zur Beratung kommen.“ Wie eine entsprechende Beratung aussehen muß, macht der Rundbrief im folgenden klar: So müsse besonders behutsam mit den Frauen umgegangen werden, da die Schwangeren in aller Regel bereits mehrere Abbrüche in Jugoslawien hinter sich hätten. Aufgabe der „Birke“-MitarbeiterInnen ist es da natürlich aufzuklären. Den Frauen müsse unmißverständlich und drastisch klargemacht werden, „daß sie ihre Kinder getötet haben“. Das alles geschieht natürlich ganz im Sinne der „Barmherzigkeit“: So „durchleiden“ die Birke-MitarbeiterInnen „gemeinsam“ mit den Jugoslawinnen „den Abtreibungstod ihrer anderen Kinder“. Im gesamten Gespräch geht es letztlich um nichts anderes, als die Frauen dazu zu bewegen, „ja zu ihrem neuen Kind zu sagen“.

Und es scheint zu gelingen, zumindest nach Auskunft des Rundschreibens. Auf die Frage, ob – angesichts der Massenvergewaltigungen in Bosnien – auch vergewaltigte Frauen zu ihnen kämen, zögert eine „Birke“-Mitarbeiterin und will nicht mit der Sprache herausrücken. Einmal, so glaubt sie, wäre da auch eine Vergewaltigte gewesen. Dann, wieder auf sichererem Terrain, meint sie, „unser Ziel ist es, immer das Kind zu retten, auch im Fall einer Vergewaltigung“.

Zu guter Letzt folgt im Rundbrief – wie es sich für einen Verein gehört – unausweichlich der Spendenaufruf, hier ganz christlich: „Wir bitten Sie herzlich um Ihre Gebetsunterstützung, daß wir zur Deckung unserer steigenden Ausgaben rechtzeitig neue Spender finden.“ flo