Dekadenz mit Herz

■ Panem et Circenses: Mit 500 Mark Eintritt, bei Speisen und Amüsement, kranken Kindern Herzenswünsche erfüllen

: Mit 500 Mark Eintritt, bei Speisen und Amüsement, kranken Kindern Herzenswünsche erfüllen

Es war ausverkauft wie jeden Abend: Panem et Circenses, das Verzehr-Theater im Spiegelzelt von Roncalli. Zwischen Harry Valerien und Lachslasagne, Schampus und müden Clownereien vergnügten sich hier am Dienstag abend rund 160 HamburgerInnen der gehobenen Mittelschicht zum gediegenen Eintrittspreis von 500 Mark.

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2Seit dem 5.September gastiert „die etwas andere Restauration“ vor Hagenbecks Tierpark. Kostet der Spaß normalerweise 180 Mark, berappten die Gäste am Dienstag abend etwas mehr. Denn diesmal sollte das Amusement einem guten Zwecke dienen: Die rund 80000 Mark Eintrittsgelder flossen so nicht in die Tasche des Starkochs

1Hans-Peter Wodarz, sondern gingen an den Verein „Herzenswünsche“, der mit diesem Geld schwerkranken Kindern Wunschträume erfüllen will.

Ein Abend für die betuchten HamburgerInnen, die bei vergnüglichen Spezereien zugleich etwas für ihr soziales Gewissen zu tun wünschten. Von Turnvater Harry Valerien in den Abend eingeführt, ließ man sich während des feinen Gelages — bei Suppe und Lachsforelle, Entenbrust und Eiskreme — Gesang und Artistik ablenken. Eine Mischung aus Rocky-Horror-Picture-Show, Zirkus-Albernheiten und Schmidt-Theater mit den bekannten Schlüpfrigkeiten.

Als Oberkellner, Koch und Putzfrau getarnt mischten sich zwölf Darsteller unter das Publikum und übten sich in Animationenen. Der platten Art — da wurden den Damen anzüglich die Hände geküßt, den Herren zugezwinkert und dazu wild grimassiert. Mit steigendem Alkoholkonsum ließen sich die Hanseaten dann so richtig gehen. Besonders als „Le Baron Karamazoff“ seine Art von Altglas-Verwertung demonstrierte, indem er eingängige Lieder auf Einwegflaschen spielte, kam Stimmung auf, wie sie sich Heinz Schenk nicht hätte schöner wünschen können.

Der gute Zweck jedoch stand hier im Vordergrund. Auch wenn der Geschmack der Dekadenz den Geschmack der Speisen zuweilen heftig überdeckte. Andrew Ruch