Backpfeifen für die Sparkasse

■ Sonderzahlstelle: scharfe Proteste, aber keiner will es gewesen sein

Vor zwei Wochen erzählte es Rosi Roland, am Dienstag berichtete der Weserkurier und gestern war alles in Aufruhr: Die Sparkasse in Bremen will „problematische“ Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber ausgrenzen. Sie plant die Einrichtung spezieller Ausgabestellen für Sozialhilfeschecks.

Und der Protest reißt nicht ab: Als ein „fatales Signal“ bezeichneten die Bremer Grünen die Pläne. „Blindheit gegenüber den Zeichen der Zeit“, meinte Christine Wischer, Vorsitzende des SPD- Unterbezirks Bremen-Ost. Helga Trüpel, Senatorin für Kultur und Ausländerintegration, sah in der „automatischen Etikettierung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu Problemfällen“ einen „Beitrag zur Verschärfung der Asyldebatte“. Der Ortsvereinsvorsitzende der IG Medien kündigte einen Boykottaufruf an, sollte die Sparkasse die Pläne umsetzen. Darauf hat der Uni-ASTA nicht gewartet: Er ruft schon jetzt zum Boykott auf. Alle Studenten, die Kunden bei der Sparkasse seien, sollten ihre Konten kündigen. Nur die FDP äußerte „Verständnis für die Sparkasse“, alles andere sei Polemik und Sensationsmache.

„Alles falsch“, sagte H.J. Genzmer, der Pressesprecher der Sparkasse, gestern zu den Meldungen. „Da ist überhaupt nichts dran.“ Diese Sonder-Zahlstelle sei vielmehr ein Plan der Behörde. Der Sprecher der Sozialbehörde, Jochen Eckertz, hält dagegen: Das Vorhaben sei eine „Initiative gegen den behördlichen Willen“.

Seit 1971 können die Sozialhilfeempfänger die monatliche Unterstützung bei der Sparkasse abholen. Das Amt für Soziale Dienste hat keine eigenen Zahlstellen. Doch seit einiger Zeit gebe es Ärger, heißt es aus der Sparkasse: Auf Druck von genervten Kunden hin hatte die Sparkasse die Abwicklung der Sozialhilfe zum Ende des Jahres gekündigt. Doch die Barauszahlungen mußten auch weiterhin garantiert werden, so Eckertz. Auf die Zusammenarbeit mit den Sparkassen wollte man dabei nicht verzichten, schließlich hätte man traditionell gut kooperiert. Aus diesem Grund wurde eine Arbeitsgruppe aus Beamten und Vertretern der Sparkasse gebildet, um die künftige Zusammenarbeit zu klären.

Heraus kam dabei die Einrichtung einer Sonderzahlstelle in einem Gebäude im bremischen Besitz. Die Berichte, daß dort eine Randgruppenfiliale entstehen soll, werden damit nun doch bestätigt: Für rund 800 „ganz problematische“ Fälle, so der Sprecher der Sparkasse. Damit meine man „diejenigen Drogenabhängigen, die bereits der Drogenhilfe unterstünden, und Obdachlose“, so der Sprecher der Sparkasse. Das seien nicht gerade viel, bei insgesamt rund 26.000 Sozialhilfeempfängern.

Für die dritte unerwünschte Randgruppe, ca. 400 Asyl-Erstbewerber, ist im ersten Quartal 1993 eine Zahlstelle in der „Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber“ vorgesehen.

Abgesegnet seien die Ergebnisse der Arbeitsgruppe bislang weder von den Behörden noch von den Aufsichtsgremien der Sparkasse. Die „politische Frage, insbesondere das Problem der Ausgrenzung“, liege den Behörden dabei schwer auf dem Herzen, versicherte Eckertz.

jul