Konjunkturkrise bei Mercedes

■ 2.000 Arbeitsplätze weniger, Kurzarbeit und Zwangsurlaub

Sinkende Absatzzahlen, Kurzarbeit, drohende Entlassungen, Zwangsbetriebsferien: Nachrichten einer Konjunkturkrise. Ins Gerede gekommen ist nach Klöckner Stahl nun auch der größte Bremer Industriebetrieb, das Mercedes- Benz-Werk. „Mercedes kallt mit Vollgas auf das Stauende“, auf diese Formulierung hatte es der IG Metall-Bezirksvorsitzende Manfred Muster auf der Klöckner- Demo am Dienstag zugespitzt. Zusätzlich zu dem bereits angekündigten Abbau von 2.000 Arbeitsplätzen seien im Bremer Werk weitere 2.500 gefährdet, das befürchten die Vertrauensleute.

Tatsächlich ist die Belegschaft in diesem Jahr bereits um rund 1.000 MitarbeiterInnen auf 15.100 reduziert worden, wie Sprecher Wendelin von Machui gestern der taz bestätigte. Entlassungen habe es aber nicht gegeben, und es stünden auch keine bevor: Über die Rentenregelung, nach der MitarbeiterInnen bereits mit 58 Jahren in den Ruhestand gehen können, und das Nichtersetzen freiwerdender Arbeitsplätze wurde die Reduzierung erreicht. „Und ob die übrigen 1.000 realisiert werden, das ist im Moment noch sehr verwegene Spekulation. Das hängt hauptsächlich vom Marktabsatz ab“, so von Machui.

Die ins Gerede gekommenen weiteren 2.500 Arbeitsplätze sind die, die mit der Produktion des Mercedes-Kombi verbunden sind. dessen Produktion 1996 eingestellt wird. Ob das Nachfolgemodell in Bremen produziert wird, ist derzeit noch unklar — „darüber wird erst im Laufe des nächsten Jahres oder Anfang 1994 entschieden“, so von Machui. „Das ist für die Mitarbeiter in der betroffenen Produktion natürlich ein Grund zur Beunruhigung.“

Doch selbst der Betriebsrat sieht die Situation nicht so schwarz: „Und ist über Entlassungen nichts bekannt“, erklärte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Richard Ullmann, und: „Es wird chirurgische Eingriffe geben, aber keine Notoperation.“

Die chirurgischen Eingriffe sehen zum Beispiel so aus: Vom 17. Dezember bis zum 18. Januar steht im Werk die Produktion still, nur ein Notdienst wird arbeiten. In dieser Zeit müssen Freischichten abgefeiert und Zwangsurlaube genommen werden. Kurzarbeit ist für insgesamt 14 Tage im Januar und Februar angemeldet.

Der Automobilmarkt in der BRD ist in diesem Jahr um 10 Prozent geschrumpft, und Mercedes liegt da voll im Trend: Die Produktions-Höchstkapazität von 180.000 Neuwagen pro Jahr im Bremer Werk ist auf 165.000 heruntergefahren, die Autohalde ist zur Zeit 10 bis 15 Prozent größer als normal.„Mit den Betriebsferien schieben wir aber lediglich Kapazität vor uns her“, sagt der Mercedes-Sprecher. Hintergrund: Mitte nächsten Jahres wird der 190er ebenfalls durch ein neues Modell abgelöst — „wer im Winter nicht da ist, arbeitet eben im Sommer. Dann wird das neue Modell produziert, und dafür wird es auch Abnehmer geben“, so von Machui. Und neue Modelle sind wohl derzeit die einzigen Verkaufs-Garanten: Größter Konkurrent ist der übersättigte Gebrauchtwagenmarkt — Betriebsrat Ullmann: „Es knallt bei allen Autoherstellern.“ So auch bei VW: Im Werk Emden wird es im Januar und Februar ebenfalls Kurzarbeit gebe. skai