BSAG: Wer zahlt die Rechnung?

■ Defizit doch größer / Fahrpreiserhöhungen oder „Abstriche an den Leistungen“ für 1993 „nicht ausgeschlossen“

Vielleicht werden Sie demnächst unauffällig als anonyme SteuerzahlerIn zur Kasse gebeten. Oder zum direktem Griff ins Portemonnaie aufgefordert, für jede einzelne Bahn-Fahrkarte. Oder Sie kommen irgendwie drum herum, aber das ist unwahrscheinlich.

Zuerst die schlechte Nachricht: Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) fährt im Betriebsjahr 1992 ein zusätzliches Defizit ein, insgesamt 120,5 Millionen Mark, das sind 2,8 Mio. mehr, als vorausgeplant, beschlossen und gedeckt war. Zweitens die ganz schlechte Nachricht: Die Planung für 1993 (BSAG-interner Sprachgebrauch: „Erfolgsplan 93“) geht gleich von über 20 Mio. Mark mehr Kosten aus und kalkuliert ein Defizit 144,4 Mio. Mark. Das hatte die 'Rundschau' von Radio Bremen gemeldet.

Daß kein Verkehrsunternehmen kostendeckend arbeiten kann, wenn die Tickets bezahlbar bleiben sollen, ist bekannt und üblich; die Stadtgemeinde subventioniert deshalb die BSAG, zum Teil aus Überschüssen, die bei den Stadtwerken erzielt werden. Woher aber kommen jetzt die zusätzlichen Löcher? Wolfgang Pietsch von der BSAG gibt dem „wunderschönen Sommer“ 92 die Schuld daran, daß für 2,8 Mio. erwartete Einnahmen aus Fahrscheinver

Foto: Katja Heddinga

käufen ausgeblieben seien. Radfahren und Laufen war angesagt, anstatt in heißen Bahnen zu schwitzen. „Und für 1993 wollen wir unsere Planungen für einen besseren ÖPNV durchsetzen, das ist ja politisch gewollt, und das kostet einfach Geld.“

Mehr Geld kostet in '93 aber vor allem das Personal: tarifliche Arbeitszeitverkürzung, Lohnerhöhung und neue Dienstpläne auch für engere Taktzeiten der Busse und Bahnen an Wochen

Alte in der

Bahn

enden. Geld kostet auch die geplante „innere Modernisierung“, mehr Fort- und Ausbildung, damit das BSAG-Personal im Umgang mit den Fahrgästen freundlicher wirkt. „Neues Denken“ nennt das die Marketing-Abteilung und will das Image verbreiten: Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen. Sie sind unsere Gäste. Willkommen.

Mit Spannung warten jetzt die Beteiligten darauf, wer die hohe

Rechnung bezahlen wird. Politisch zuständig für die BSAG ist Bau-Senatorin Lemke-Schulte als BSAG-Aussichtsrats-Vorsitzende. Gerade am letzten Freitag hat die Haushalts-Deputation 2 Mio. nachbewilligt — aber das war noch für das 91er Defizit. Gerade erst im letzten Mai war die Deckungszusage für den „Erfolgsplan“ 92 schon einmal um 2 Mio. erhöht worden. Der Haushaltsausschuß ist alles andere als begeistert, weitere Defizite finanzieren zu müssen.

Behörden-Sprecher Imholze gibt den schwarzen Peter zurück an die BSAG: „Wenn irgendwo schlecht gewirtschaftet wird, dann muß das ja nicht automatisch der Bürger ausbaden, da kann man auch nicht gleich den Staat zur Kasse bitten.“ Und der zuständige Abteilungsleiter Siegfried Obermeyer erklärte: „Die Haushalts-Politiker haben nicht vor, den Etat für 93 zu erhöhen. Wer Schulden macht, kann einen Geldgeber suchen, einen Kredit aufnehmen, Leistungen einschränken — das muß sich der Aufsichtsrat eben überlegen.“ Der tagt am 16.12. und wird dann sagen, ob ihm der schöne Sommer als Erklärung ausreicht, ob Leistungen eingeschränkt oder Preise erhöht werden sollen.

Die letzte Preiserhöhung liegt erst wenige Monate zurück; prompt sind einige tausend Bremer (Monats-)Karten weniger verkauft worden. Eine weitere Preiserhöhung in 1993, so Wolfgang Pietsch für die BASG, sei noch „in keinster Weise in irgendeinem Gremium diskutiert“, sei aber „natürlich eine Möglichkeit und nicht ausgeschlossen“. Aber auch nicht einfach hinzukriegen: Bremen sitzt mit 27 anderen Unternehmen im VBN, der 1993 seine Preise stabil halten will. S.P.