PLO-Kontakte „per se“ bald straffrei?

Im israelischen Parlament wird die Aufhebung des Sondergesetzes gegen PLO-Kontakte diskutiert/ Offizielle Position unverändert: PLO gilt weiterhin als „Terrororganisation“  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israels Justizminister David Liba'i (Arbeitspartei) hat gestern einen von ihm angeregten Regierungsantrag vor die Knesset gebracht, der das seit 1986 bestehende Verbot aller Kontakte mit der PLO aufhebt. Die Abstimmung in erster Lesung der Novelle findet voraussichtlich in der kommenden Woche statt. Auch wenn Liba'is Änderungsvorschlag vom Parlament gegen die Stimmen der rechten Oppositionsparteien angenommen wird, bleibt das gesetzliche Verbot von Beziehungen zu Mitgliedern „terroristischer Organisationen“ in Kraft, vor allem wenn dadurch die „Staatssicherheit“ gefährdet werden kann.

In einer Erklärung zum Antrag auf die Gesetzesnovelle wird betont, daß damit keine Änderung der Regierungs-Position zur PLO eintritt. Sie werde auch weiterhin als Terroristen-Organisation gelten, mit der Israel nicht verhandelt und die von den Nahostgesprächen ausgeschlossen bleiben muß.

In Beantwortung einer Frage des arabischen Arbeitspartei-Abgeordneten Nawaf Massalha, ob israelische Bürger bei Zusammenkünften mit PLO-Führer Jassir Arafat nun keine Bedenken mehr haben müßten, antwortete Minister Liba'i, ein solcher Kontakt werde nicht „per se“ eine Verletzung des Gesetzes bedeuten; die Polizei könne jedoch auch in Zukunft jede Person verhören, die mit einer PLO-Persönlichkeit zusammengekommen ist, um zu klären, ob derlei Kontakte mit der Absicht erfolgten, der Staatssicherheit Israels zu schaden.

Seit dem Regierungswechsel im Juni dieses Jahres wurde von dem PLO-Kontaktverbotsgesetz so gut wie kein Gebrauch gemacht, aber bei verschiedenen Gelegenheiten versuchten die rechten Oppositionsparteien zum Beispiel gelegentliche Zusammenkünfte von Koalitionsabgeordneten mit führenden PLO-Vertretern bei Konferenzen im Ausland mit Hilfe des noch bestehenden gesetzlichen Verbots zu verhindern oder als „Straftat“ anzuprangern, um dann Sanktionen gegen die „Täter“ zu fordern.

In den letzten Monaten führten Delegationen, denen vor allem israelisch-arabische Persönlichkeiten angehörten, Gespräche mit der PLO in Tunis, die zu einem inoffiziellen und indirekten israelischen Dialog mit der PLO beitrugen. Letzte Woche interviewten zwei prominente israelische Journalisten Jassir Arafat in seinem Hauptquartier in Tunis, was in Israel schon fast als Routine empfunden wurde. Trotz der Vielfalt vorhandener Kontakte wird in Israel weiterhin an dem Anachronismus eines PLO-Verhandlungsboykotts festgehalten. Eines der Hauptargumente dafür ist, daß eine Aufhebung des Verhandlungsverbots dazu führen könnte, daß die US- Regierung dann nachziehen könnte, weil man auch in Washington keinen guten Grund für den Boykott mehr finden würde.

Das Lavieren der israelischen Regierung gegenüber der PLO ist also noch lange nicht zu Ende. Einerseits sucht Israel die pragmatischen, kompromißbereiten PLO- Mehrheiten dahingehend zu beeinflussen, daß sie bei den bilateralen Verhandlungen in Washington weiterhin kooperativ und konstruktiv auf die palästinensische Delegation einwirkt, damit ein Abkommen über Israels „Autonomie“-Projekt in den besetzten Gebieten möglichst bald zustandekommt. Andererseits hofft die israelische Regierung, daß die dann abzuhaltenden Wahlen für eine lokale Selbstverwaltung in den besetzten Gebieten eine „innere“ Palästinenserführung hervorbringt, die sich von der PLO- Führung in Tunis unabhängig macht und unter israelischem Einfluß steht. Auf diese Weise hofft man in Israel, die traditionelle PLO-Führung „draußen“ ersetzen zu können, die dann abgekoppelt, isoliert und politisch ohne Bedeutung wäre. Dieser Gefahr sind sich auch die PLO-Führer in Tunis bewußt. Sie werden darum nichts unversucht lassen, um eine solche Entwicklung zu verhindern und suchen dringend den direkten Dialog mit der Regierung Rabin.