Ein lustloses Ja zu Maastricht

■ Gestern ratifizierte der Bundestag den Vertrag über die Europäische Union bei 17 Gegenstimmen

Bonn (taz) – Mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und SPD sowie Teilen von Bündnis 90/Grünen hat der Bundestag gestern den Maastrichter Vertrag ratifiziert. Mit Nein stimmten 17 Abgeordnete von SPD, PDS und Bündnis 90/Grünen, 8 enthielten sich. Der Bundesrat soll den Vertrag am 18. Dezember ratifizieren. Vertreter von Regierung und SPD bewerteten den Vertrag als Kompromiß, der Mängel aufweise, aber ein wichtiger Schritt zu einem vereinigten Europa sei.

Noch im ersten Halbjahr 1993 „wollen wir den Vertrag in Kraft setzen“, sagte Bundeskanzler Helmut Kohl. Mit Blick auf die Diskussionen in Dänemark und Großbritannien wandte er sich gegen Nachverhandlungen und Sonderregelungen. „Ein Europa à la carte, bei dem jeder Partner sich nur das aussucht, was ihm an diesem Europa besonders zusagt, kann ebensowenig das Ziel sein wie ein Europa, das sich am langsamsten Schiff im Geleitzug ausrichten muß“, meinte er. Bereits im Januar, so Kohls Forderung, sollten die Beitrittsverhandlungen mit den EFTA- Staaten beginnen.

Österreich, Finnland, Norwegen, Schweden und eventuell die Schweiz könnten dann 1995 in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Der bevorstehende EG-Gipfel in Edinburgh müsse „auf alle Fälle“ eine Entscheidung bringen, die den 18 ostdeutschen Abgeordneten im Europaparlament das Stimmrecht gewähre. Er sei sich auch „ziemlich sicher“, daß das Europaparlament noch in diesem Jahrzehnt mit mehr Rechten ausgestattet werden könne.

Mit der Ratifizierung verabschiedete der Bundestag auch sechs neugefaßte Grundgesetzartikel. Der neue Artikel 23 verpflichtet die Bundesregierung, sich vor der Übertragung weiterer Hoheitsrechte an die EG Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat zu beschaffen. Diese Bestimmung soll auch dann gelten, wenn der Maastrichter Vertrag nicht in Kraft tritt und die Bundesregierung mit den anderen EG-Mitgliedsstaaten neue Vereinbarungen treffen müßte.

Neben einem Länderbeteiligungsgesetz, das die Rechte der Bundesländer sichern soll, verankert ein Rechtsstellungsgesetz für den Bundestag die Pflicht der Bundesregierung, das Parlament frühestmöglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu informieren. Das Votum des Bundestages soll die Regierung allen ihren Verhandlungen zugrunde legen. Per Beschluß verkündete der Bundestag gestern seine Absicht, erneut abzustimmen, bevor die Bundesrepublik Ende der 90er Jahre an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilnimmt, die laut Vertrag mit einer gemeinsamen europäischen Währung besiegelt werden soll. hmt Seite 3