Gesundheit als Ware

■ Personal gegen düsteres Krankenhaus-Szenario

Die Bremer Krankenhäuser im Jahr 2004: Das Zentralkrankenhaus Links der Weser hat sich auf Herzkrankheiten spezialisiert, alle anderen Bereiche wurden wegen Unwirtschaftlichkeit abgeschafft. Kleinere Kliniken im Umland sind geschlossen. Wer sich keine private Zusatzversicherung leisten kann, landet im kommunalen Armenkrankenhaus in der St.Jürgen-Straße: Die Krankenkassen haben bestimmte Krankheiten aus ihrem Regelleistungs-Katalog gestrichen.

Dieses düstere Szenario malte gestern der Personalratsvorsitzende Peter Erlanson fast 1.000 Beschäftigten der vier städtischen Krankenhäuser auf ihrer gemeinsamen Personalversammlung in der Stadthalle aus. „Gesundheit darf keine Ware werden“, das war das Motto der Personalräte für die Informationsstunde zum Gesundheitsstrukturgesetz. „Das hat nur etwas mit Kostendämpfung zu tun, aber nichts mit Struktur“ — Ulla Derwein, Mitglied des ÖTV-Hauptvorstandes, befürchtet, daß der Schuß für PatientInnen und Personal nach hinten losgehen könnte.

Die sogenannte Kostendeckelung, nach der die Krankenhäuser bis 1996 ein festes Jahresbudget erhalten — Zuwächse sind gekoppelt an die Krankenkassen-Mehreinnahmen — sei ein „Eingriff in die Tarifautonomie“, so Derwein. „Die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern können nicht verbessert werden, oder nur, indem man Berufsgruppen untereinander ausspielt.“ Das Pflegepersonal gegen die Arbeiterinnen in Küche und Reinigungsdienst zum Beispiel. Dort wird schon jetzt, im vorauseilenden Gehorsam auf das noch nicht verabschiedete Gesundheitsstrukturgesetz, privatisiert (vgl. taz, 2.12.). Doch die ÖTV, die sich in den Clinch mit dem Gesetzentwurf- Befürworter DGB begab, streitet noch darum, die Lohnkosten aus der Kostendeckelung herauszunehmen. „Das sieht gut aus“, so Derwein, obwohl die Lohnkosten 70 Prozent der Krankenhauskosten ausmachen. Zum Abbau des Pflegenotstandes verspricht der Gesetzentwurf 13.000 neue Stellen: „Das sind gerade mal 4,3 Stellen Stellen pro Krankenhaus“, rechnet Peter Erlanson vor, „für den Zeitraum von 1993 bis 1996!“

Größtes Problem nach Ansicht der Gewerkschaft ist die Einführung der Markwirtschaft im Krankenhaus. Wenn 1996 die sogenannten Fallpauschalen — z.B. 5.000 Mark für jede Blindarmoperation — eingeführt werden, könne es passieren, daß marktwirtschaftlich unvorteilhafte PatientInnen abgewiesen werden. Die Krankenhäuser würden die PatientInnen immer früher entlassen, weil sie daran verdienen — die 76jährige zuckerkranke Rentnerin mit Blindarmbeschwerden werde es schwer haben, operiert zu werden. Denn sie kostet die Klinik bares Geld. skai