Ungebetene Kunden

■ Bremen plant Sonderzahlstelle für „schwierige Sozialhilfefälle“

Bremen (taz) – Die Bremer Sparkasse hat zur Zeit eine schlechte Presse. Seit vor gut zwei Wochen bekanntgeworden ist, daß das Unternehmen die Einrichtung einer Sonderfiliale für „schwierige Sozialhilfekunden“ plant, reißen die Proteste nicht ab. Vom Uni- Asta über die IGMedien bis zur Grünen-Kultur- und Ausländersenatorin Helga Trüpel: plötzlich sieht sich die Sparkasse einer wahren Flut von Protestnoten gegenüber. Die Senatorin fordert wie die Grünen und die SPD, die Pläne sollten gekippt werden. Der Asta ruft zum Boykott auf.

Seit 1971 wird die Auszahlung der Bremer Sozialhilfe über die Sparkasse abgewickelt, das Unternehmen hat nicht schlecht daran verdient und der Sozialsenator spart die Einrichtung eigener Zahlstellen. Mittlerweile beziehen im strukturschwachen Bremen rund 26.000 Menschen Stütze. Doch so gerne die Sparkasse den größten Teil des Geschäftes macht, so ungerne sieht sie einen kleineren Teil dieser Kundschaft in ihren Filialen: Asylbewerber, Obdachlose, Straffällige – die Randgruppen der Randgruppe. „Die Kunden haben sich beschwert“, erklärte ein Sprecher der Sparkasse. Und so reifte in der Vorstandsetage der Plan, für diese Gruppen eine Sonderzahlstelle einzurichten.

Vorsorlich wurde der Pauschalvertrag mit dem Bremer Sozialsenator zum Jahresende gekündigt. Der hatte nun die Wahl: entweder nun doch wieder eigene Zahlstellen einzurichten, eine grausige Vorstellung angesichts des chronisch schwindsüchtigen Bremer Haushalts. Oder sich dem Diktat der Bank zu beugen. So kam es dann auch.

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe wurde gegründet. Die hat jetzt die Einrichtung einer Sonderzahlstelle für „problematische Sozialhilfeempfänger“ vorgeschlagen. Für Asyl-Erstbewerber soll im Frühjahr 93 eine Zahlstelle in der Außenstelle des Zirndorfer Bundesamtes eröffnet werden.

Noch ist nichts entschieden, der Protest zeigt aber erste Wirkung: Die Sparkasse versucht, den Schwarzen Peter weiterzuschieben. Die Pläne kommen aus der Behörde, heißt es plötzlich in der Pressestelle. Gegen die neue Version wehrt sich das Sozialressort: „Eine Initiative gegen den behördlichen Willen.“ Jochen Grabler