„Erster Akt“ eines Putsches in Zaire

■ Soldaten besetzen Ministerien der demokratischen Übergangsregierung

Brüssel/Kinshasa (taz/dpa) – Die Demokratisierung Zaires ist unmittelbar gefährdet, nachdem das Tauziehen zwischen dem Diktator Mobutu und seinem der demokratischen Opposition angehörigen Premierminister Etienne Tshisekedi sich gestern weiter zuspitzte. Der Staatspräsident hatte am Mittwoch abend dem Premierminister ein erneutes 48stündiges Ultimatum zur Auflösung seiner Übergangsregierung gestellt. Vom „ersten Akt eines Dramas“ sprach gestern warnend der belgische Außenminister Willy Claes.

Der Ausgang des Tauziehens wird von der Haltung des Militärs abhängen. Traditionell besteht eine starke Rivalität zwischen der gutbezahlten Präsidialgarde und den einfachen Soldaten, die Hungerlöhne bekommen. Die Aufstände letzterer im September 1991 waren von den Elitetruppen des Präsidenten niedergeschlagen worden. Im Oktober führten die Konflikte zu Gewaltakten. Die zentrale Provinzhauptstadt Mbuji- Mayi wurde am 8. und 9.Oktober von Soldaten verwüstet; einige Tage später plünderten Militärs Geschäfte und Villen von Mobutu- Parteigängern in der nordwestlichen Stadt Mbandaka. Das an der Grenze zu Ruanda gelegene Bukavu erlitt Mitte Oktober das gleiche Schicksal durch aufgebrachte Polizisten – die neuen, in München gedruckten Banknoten wurden von den dortigen Markthändlern nicht angenommen.

Als Reaktion beschloß die Nationalkonferenz – das Übergangsparlament aus Vertretern aller Parteien – am 20.Oktober, Militärs das Wahlrecht zu entziehen. Daraufhin zogen die Armeedelegierten aus der Konferenz aus. Am selben Tag wies Tshisekedi eine Bitte der Armee um Verdreifachung des Soldes unter Hinweis auf die leeren Staatskassen zurück. Seitdem haben sich auch Tshisekedi-freundliche Teile des Militärs wieder auf Mobutus Seite gestellt.

Damit war der Mißerfolg der Reformen vorprogrammiert. Denn da der Gouverneur der Zentralbank, Nyembo Shabani, ein Freund Mobutus ist, ist die Regierung Tshisekedis von Auslandshilfe abhängig. Und die, so die Geldgeberländer, gibt es nur, wenn die Regierung die Armee und das Finanzwesen unter Kontrolle bekommt.

In der Entourage des Premierministers wurde seit längerem ein Putsch befürchtet, mit dem Kommandanten der Zivilgarde, General Baramoto, und Ex-Verteidigungsminister Ngbanda Nzambo als mögliche Putschisten. Jetzt läuft der „erste Akt“ des Umsturzes: am Mittwoch wurden verschiedene Ministerien, darunter die für Finanzen und Inneres, von Mobutu-treuen Soldaten geräumt. F.M./D.J.