Ausländerbeauftragte: Frust und Mißerfolg

Einjährige Bilanz der Arbeit von Cornelia Schmalz-Jacobsen/ Kein Grund zum Jubeln, eher zur Frustration/ Bonner Regierung negiert ihre Warnungen  ■ Aus Berlin Bettina Markmeyer

Berlin (taz) – Ein Jahr Ausländerbeauftragte, das bedeutet ein Jahr der Mißachtung, der Machtlosigkeit und der Frustration. So deutlich sagte es die FDP-Bundestagsabgeordnete Cornelia Schmalz-Jacobsen gestern in Berlin natürlich nicht, die vor einem Jahr einer verbitterten Liselotte Funke ins Amt der „Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Ausländer“ gefolgt war.

Tatsache aber ist, und das sagt die Politikerin denn doch, daß die Bundesregierung bei ihr noch „keinen Rat eingeholt hat“, daß sie „manchmal die Wut kriegen könnte“ oder, feiner, daß ihr Amt „eine gewisse Frustrationstoleranz“ erfordere. Tatsache ist auch, daß Schmalz-Jacobsen über einen Haushalt von gerade mal 212.000 Mark verfügen kann, von dem ihr und ihren exakt zwölf MitarbeiterInnen knapp die Hälfte für die einzige der Ausländerbeauftragten erlaubte Tätigkeit, die Öffentlichkeitsarbeit, bleiben.

Die „überbordende“ Fremdenfeindlichkeit, so Schmalz-Jacobsen, habe auch ihre Arbeit bestimmt. Frühe Warnungen seien mißachtet worden. Erneut buchstabierte sie, was die Regierenden in Bonn nicht hören wollen – daß nämlich die Bundesrepublik längst ein Einwanderungsland sei und die Zuwanderung geregelt werden müsse. Am Asylrecht zu drehen fungiere lediglich als „Placebo“. Gleichwohl erklärte Schmalz-Jacobsen, die bei ihrem Amtsantritt noch jede Änderung des Artikel 16 abgelehnt hatte, der Artikel sei „nicht zu halten gewesen“.

Scharf kritisierte Schmalz-Jacobsen die drohende Abschiebung der ehemaligen vietnamesischen VertragsarbeiterInnen aus den neuen Bundesländern. Nach Rostock sei es „wieder“ Mecklenburg-Vorpommern, das sich besonders hervortue und erste Abschiebungen bereits für Dezember angekündigt habe. Ein solcher Akt gebe den AusländerfeindInnen recht und passe „in dieser Situation wie die Faust aufs Auge“. Es sei jedoch zu befürchten, daß die Innenminister der Länder und des Bundes das Problem durch Liegenlassen erledigen wollten.

Der einzige greifbare Erfolg der Ausländerbeauftragten im letzten Jahr: AusländerInnen wird nach dem aktiven auch das passive Wahlrecht für die Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherungen zuerkannt. Nichts könnte deutlicher zeigen, wie weit Schmalz-Jacobsen davon entfernt ist, mit ihren Vorschlägen Gehör zu finden, die sich in weiten Teilen mit den Forderungen vieler Ausländergremien und -gruppen decken. Seitdem sie im Amt ist, setzt sie sich vehement für die Erleichterung von Einbürgerungen, insbesondere die Doppel-Staatsbürgerschaft ein. Zum Wahlrecht für AusländerInnen sagte Schmalz-Jacobsen, sie sei dagegen, das allgemeine Wahlrecht von der Staatsbürgerschaft abzukoppeln, setze sich aber für das kommunale Wahlrecht für AusländerInnen ein. Dies werde mit den Maastrichter Verträgen den EG-BürgerInnen bereits zugestanden, müßte aber auch für Nicht-EG- BürgerInnen gelten.

SPD verlangt Einbürgerungsrechte

Bonn (taz) – „Entscheidende Veränderungen bei den Einbürgerungsrechten“ verlangte die Arbeitsgruppe „Ausländische Arbeitnehmer“ der SPD-Bundestagsfraktion, die gestern zu einer gemeinsamen Sitzung mit den Ausländerbeauftragten der SPD- regierten Länder zusammengekommen war. Nach dem novellierten Ausländerrecht, das die Einbürgerung erleichtern soll, gäbe es Verwaltungsunsicherheiten, weil entsprechende Erlasse zum Gesetz aus dem Bundesinnenministerium fehlten. Außerdem seien die Wartezeiten unvertretbar lang. Die SPD-Politiker setzten sich für die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft ein und verwiesen auf eine seit dem letzten Jahr vorliegende Bundesratsinitiative. Die Staatsbürgerschaft für hier geborene Kinder von Ausländern müsse endlich geregelt werden.