Runder Tisch für bosnische Kriegsopfer

■ Schnelle Hilfe gefordert

Bonn (taz) – In einem offenen Brief an Bundespräsident von Weizsäcker forderten gestern die Grünen und Friedensorganisationen ein konkretes Hilfsprogramm für bosnische Flüchtlinge. An einem „Runden Tisch“ sollten Hilfsorganisationen, Kirchen, Gewerkschaften und politische Parteien teilnehmen. Von Weizsäcker wurde gebeten, persönlich die Schirmherrschaft zu übernehmen. „Es darf jetzt nicht mehr um ein Herumdoktern am Artikel16 gehen, sondern um Soforthilfe für Flüchtlinge“, sagte Helmut Lippelt vom Bundesvorstand der Grünen. Dazu seien Sofortmaßnahmen in den bosnischen Lagern notwendig, sowie in der Bundesrepublik und den anderen EG-Staaten eine Aufnahmegarantie für Flüchtlinge. Den „Charakter unterlassener Hilfeleistung zum Völkermord“ hat nach Ansicht von Andrea Buro vom Jugoslawien-Koordinierungs- Kreis die derzeitige Politik der Bundesregierung. Als Sofortprogramm für die Bevölkerung des ehemaligen Jugoslawien läuft in der nächsten Woche die Kampagne „Den Winter überleben“ an. Dabei vermittelt der Koordinierungskreis Einladungen von Deutschen an Flüchtlinge in Bosnien.

Mit der Forderung nach unverzüglicher Hilfe für die bosnischen Kriegsopfer wandten sich auch zahlreiche Frauenorganisationen, kirchliche und karitative Institutionen an die Bundesregierung. In Bonn erklärte Regierungssprecher Dieter Vogel gestern, Bundeskanzler Helmut Kohl habe Außenminister Klaus Kinkel beauftragt, alle Möglichkeiten rascher Hilfe für die Betroffenen zu prüfen. „Soweit es möglich ist“, sollten die vergewaltigten Frauen neben anderen EG-Staaten auch in Deutschland Aufnahme finden, sagte er. In einem Brief an den britischen Außenminister Douglas Hurd, der gegenwärtig den EG-Vorsitz innehat, bat Kinkel seinen Amtskollegen darum, sich für eine wirksame und schnelle Hilfe für die mißhandelten Frauen und Mädchen in der Gemeinschaft einzusetzen. Myriam Schönecker/li