Ausstieg mit Wiedereinstiegs-Garantie

■ Der energiepolitische Konsens nach Vorstellung der Veba: Bestandsgarantie für AKWs statt Abschied von der Kernkraft

statt Abschied von der Kernkraft

Mit verhaltenem Applaus haben Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt und Schleswig-Holsteins Energieminister Günther Jansen die Ankündigung der Energieunternehmen Veba und RWE aufgenommen, bestehende Atommeiler durch Gas- und Kohlekraftwerke zu ersetzen. Ihre Kritik: „Ein Beschluß mit Hintertürchen“.

Die Veba-Tochter Preussen Elektra ist an den vier Atomreaktoren um Hamburg zu 33 Prozent (Brunsbüttel) und 80 Prozent (Brokdorf) beteiligt. In einem Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl stellten Veba-Chef Klaus Pilz und der RWE-Vorstandsvorsitzende Friedhelm Gieske jetzt einen neuen „Energiekonsens“ zwischen Wirtschaft und Politik in Aussicht. Die Kernpunkte: Bestehende Atomreaktoren werden am Ende ihrer Betriebszeit durch Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt. Die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen wird nach Auslaufen der Verträge mit Frankreich und England durch die direkte Endlagerung abgelöst.

Allerdings müßte „zugleich Kernenergie als eine Option für die langfristige Energiezukunft bei Weiterentwicklung der Kerntechnik akzeptiert werden“, fordern die Atom-Manager in ihrem Schreiben. Sie spielen damit auf einen gemeinsam mit Frankreich geplanten Reaktortyp an: Ein neues Sicherheitssystem soll verhindern, daß bei einem Unfall der Reaktorkern durchschmilzt und riesige Mengen Radioaktivität an die Umwelt freigibt.

„Mit dieser Forderung hält sich die Veba die Option auf einen Wiedereinstieg in die Kernenergie ausdrücklich offen“, kritisierte gestern Kai Fabig, Sprecher der Hamburger Umweltbehörde, den Vorstoß. Sollte es irgendwann tatsächlich einen unfallsicheren Atommeiler geben, wäre damit noch nicht das Problem der durch den Reaktorbetrieb anfallenden strahlenden Abfälle gelöst. Fabig: „Die SPD-regierten Länder setzen sich für einen Ausstieg aus der Wiederaufbereitung zugunsten der Endlagerung ein. Jedoch unter der Voraussetzung, daß kein neuer Atommüll mehr anfällt.“ Durch die Option auf den Bau einer neuen Atomkraftwerksgeneration würde „die Schaffung von Endlagerungskapazitäten zum Dauerproblem“.

Die Kieler Landesregierung „begrüßte“ den „Umdenkungsprozeß“ von Veba und RWE. Grundlage für einen energiepolitischen Konsens zwischen Wirtschaft und Politik müsse allerdings sein, daß ein „Neubau von Atomkraftwerken“ definitiv ausgeschlossen und ein „Zeitraum für den Ausstieg und die Umsteuerung zu einer neuen Energiepolitik“ festgelegt wird.

Die GAL wertet den Veba/RWE- Vorstoß als „Versuch, der Energielobby eine goldene Brücke ins

1zweite Atomjahrhundert zu bauen, da sie die Nutzung einer neuen Kernreaktorgeneration festschreiben lassen wolle“. Die Wiederaufbereitungsverträge mit Sellafield und La Hague würden noch bis

1Mitte des kommenden Jahrzehnts laufen, für die bereits betriebenen Atomkraftwerke bedeute der Vorstoß „eine Bestandsgarantie bis zu ihrem technischen Knockout“. Marco Carini