„Die Stimmung ist sehr positiv“

■ In Mogadischu sind die Erwartungen an die US-Truppen hoch: Interview mit Willi Huber

Willi Huber arbeitet seit 1984 ununterbrochen in der somalischen Hauptstadt Mogadischu als Leiter des SOS-Kinderdorfes und der dazugehörigen Geburtsklinik.

taz: Wie war in den letzten Tagen die Stimmung in Mogadischu?

Willi Huber: Als wir hörten, daß 30.000 Soldaten in die Stadt kommen sollten, war zunächst die Angst bei manchen Hilfsorganisationen groß, daß bei einer solchen Invasion Ausländer zum Ziel der Angriffe bewaffneter Somalis würden. Die Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Mogadischu ist friedlicher als je zuvor. General Aidid hat die US-Truppen willkommen geheißen, und seine Anhänger haben in der Stadt Flugblätter verteilt, auf denen die USA als Freunde dargestellt werden, die UNO aber total verdammt wird.

Was ist der Grund dafür?

Aidid sagt, die UNO hat bei allen Hilfsoperationen völlig versagt. Er traut den USA mehr Effizienz zu.

Wie ist denn die Stimmung bei den Somalis, die nicht für eine der Fronten kämpfen?

Sehr positiv. Wer keine persönlichen Interessen an dem ganzen Spektakel hat, ist der Meinung, daß dies die einzige Möglichkeit ist, die garantiert, daß die Waffen verschwinden und Lebensmittel in größerer Menge hereinkommen und verteilt werden können.

Was wird konkret von den Truppen erwartet?

Das ist unterschiedlich. Wer bisher den internationalen Organisationen Häuser und Autos vermietet hat oder bewaffnete Wächter gestellt hat, der sagt sich: Okay, wir haben mit der UNO bisher gutes Geld gemacht, das wird von den Amerikanern sicher noch weit übertroffen. Das ist durchaus positiv zu sehen, sonst hätten sich vielleicht die Befürchtungen, daß Ausländer angegriffen werden, wirklich bewahrheitet.

Und was erwarten Somalis, die keine Geschäfte erhoffen?

Ein Mann sagte mir, er hoffe, daß man sich bald mit einem Kilo Reis oder ein paar Schilling frei in der Stadt bewegen kann, ohne Angst, überfallen oder umgebracht zu werden. Die Hoffnungen sind auch groß, daß mit dem Einsatz der Truppen die Basis für den Wiederaufbau geschaffen wird. Erwartet wird, daß die Soldaten auch Maschinen für die Aufräumarbeiten bringen, daß das Wassersystem, das Telefonnetz und Straßen repariert werden.

Wie sollen die Soldaten das machen?

Davon hat bisher wohl kaum jemand eine konkrete Vorstellung.

Hat so ein kurzfristiger Einsatz überhaupt Sinn in einem Land, in dem die gesamte Infrastruktur ruiniert ist?

Ich glaube, das wird die Situation selbst bestimmen. Nach wie vor gilt: Der Konflikt kann nicht von der internationalen Gemeinschaft gelöst werden, sondern das muß über die verschiedenen Gruppen der Somalis stattfinden. Der Weg wird sicherlich erleichtert, wenn sie sich nicht mehr gegenseitig mit Waffen bedrohen und die Sicherheit gewährleistet ist. Aber dann fängt ja erst die eigentliche Arbeit an. Interview: Bettina Gaus