Soufflierende Pappenheimer

■ "Freunde", das neue Puppenstück im Bremer Theatrium, hat 99 gute Kumpels

Alles Glück dieser Erde liegt zur Zeit auf dem Rücken eines Drahtesels. Das heißt, der Esel gibt nur die Glückskulisse, den Rest besorgen Johnny, Franz und Waldemar: eine Maus, ein Hahn, ein Schwein.

Die spielen, was das Zeug hält, und öfter hält es nicht, damit es uns vom Stühlchen reißt. Also mich nicht direkt, aber sonst alle, immerhin fast eine Hundertschaft Pökse. Und weil Kindertheater immer ein Stück für einige zwangsläufige Hauptdarsteller und etwa 99 wild soufflierende Besucherchen ist, die ihre Pappenheimer kennen, wohnt man schnell einer Art Gesamtkunstwerkchen bei. Mit Musik! Und Endreim! „Denn sehr viel mehr als Geld und Gut / das ist ein Freund aus Fleisch und Blut“ undsoweiter. Echte Tierfreunde mögen sich an eine gewisse Bremer Tiercombo erinnert fühlen, müssen aber nicht.

Im Oberstübchen vom Packhaus tobt nun also mehrmals täglich ein niedlich abenteuerndes Stofftiertrio — mindestens so putzig munter wie in der Buchvorlage von Helme Heine und von Begeisterung eingekesselt und vorangetrieben. Die 99 Freunde im Parkett haben alle Hände voll zu tun, die drei liebevoll, aber kritisch zu begleiten. Das macht das Versteckspielen etwas schwierig, vor allem, wenn Waldemar ja eigentlich unsichtbar sein soll, sein niedliches rosa Öhrchen aber so verdammt gut sichtbar hinter dem Fahrradsattel wackelt! Oooben!, brüllts denn auch vielstimmig und in einer Art Kommando-Flüsterton, ooooben! Allein: Johnny Maus will und will nichts gesehen haben.

Sonst bestehen unsere Drei die dollsten Dinger: fallen vom als Gebirge verkleideten Drahtesel, brechen als Turmbau zusammen, weil die Maus unten war, fahren Farrad im Stand und verrichten auf vereinten Töpfchen ihr kleines Geschäft. Bloß Waldemar, das Schwein, muß wieder groß und macht hinten plop.

Und wie süßer Brei quillt und quillt Begeisterung durch das Sälchen, so daß die Klitzekleine neben mir einen Schluckauf bekommt und allerliebst in die Sprechpausen hickst.

Schon nach kurzer Zeit dampft die Luft vor Aufregung, und auch unsereins dampft ein wenig mit und denkt verstohlen ans städtische Erwachsenentheater, wo man ja immer still sein muß und so oft kalte Füße kriegt.

Am Ende jedenfalls kann ein Schwein einen Purzelbaum, was keine Kleinigkeit ist. Das Publikum weiß das noch aus eigener Erfahrung und klatscht mal schnell extra. Und endlich schlafen unsere drei Freunde wieder in ihren Fahrradtaschen; und: „Licht aus!“, brüllt die strenge Menge. Wer kann schon bei Scheinwerferlicht träumen! Und das wollen doch gleich alle. „Ich bin die Maus!!“, quietscht ein Dreijähriger beim Aufstehen. Und, was soll ich Ihnen sagen, er war es wirklich!

Claudia Kohlhase

Bis zum 24.12. täglich 9, 11 und 15 Uhr. Samstag und Sonntag nur 15 Uhr, Theatrium im Schnoor. Vorbestellungen unter Tel. 0421 / 32 68 13