Ausgangssperre in Algerien in Kraft getreten

■ Kontrollen in Algier und Umgebung/ Härteres Vorgehen gegen Islamisten

Algier (AFP) – In Teilen Algeriens ist am Samstag abend die auf unbestimmte Zeit verhängte nächtliche Ausgangssperre in Kraft getreten, mit der gegen die verbotene fundamentalistische Opposition vorgegangen werden soll. Die Straßen waren am Abend menschenleer. Von Zeit zu Zeit patrouillierte die Polizei durch die Stadt und errichtete Straßensperren. Eine Verstärkung der Ordnungskräfte wie bei Verhängung des Belagerungszustands im Juni 1991 oder des Ausnahmezustands im Februar dieses Jahres war jedoch nicht zu bemerken.

Am Mittwoch abend hatte das Innenministerium erklärt, von Samstag abend an gelte jeweils von 22.30 Uhr abends bis 5.00 Uhr früh in der Hauptstadt Algier und den sechs angrenzenden Verwaltungsbezirken Tipaza, Boumerdes, Blida, Medea, Bouira und Ain Defla eine Ausgangssperre. Begründet wurde die Maßnahme mit der Notwendigkeit, gegen den „Terrorismus“ im Lande zu kämpfen. Seit Verhängung des Ausnahmezustands wurden rund 250 Polizisten, Gendarmen und Soldaten getötet. Die Ausgangssperre wurde über die Landesteile verhängt, in denen sich die Auseinandersetzungen konzentriert hatten.

Mit Inkrafttreten der Ausgangssperre endet das Angebot der Regierung an bewaffnete Oppositionelle, straffrei zu bleiben, wenn sie sich freiwillig stellen. Das Angebot, das in schweren Fällen wie Tötung nicht galt, hatten nach offiziellen Angaben mehrere hundert Oppositionelle in Anspruch genommen. Künftig will die Regierung härter gegen radikale Islamisten vorgehen. Die verbotene Islamische Heilsfront (FIS) hatte im Dezember 1991 den ersten Wahlgang der Parlamentswahlen in Algerien mit großer Mehrheit gewonnen. Daraufhin hatte ein vom Militär gestützter Staatsrat die Macht übernommen, die Wahlen abgebrochen und den Ausnahmezustand ausgerufen. Die islamische Gewerkschaft SIT und der FIS nahestehende Vereine sollen nunmehr verboten werden. Spezialeinheiten sollen die Bergregion im Süden Algiers nach militanten Islamisten absuchen.

Dem am 1.Oktober verabschiedeten „Anti-Terror-Gesetz“ zufolge sollen drei Sondergerichte für „Verbrechen des Terrorismus und der Subversion“ eingesetzt werden. Die Untersuchungshaft beträgt statt 48 Stunden zwölf Tage. Das Mindestalter der Angeklagten wurde von 18 Jahren auf 16 Jahre gesenkt. Seit dem 1.Oktober wurden rund tausend Menschen unter Berufung auf das Gesetz verhaftet.

Dagegen wurden APS zufolge 94 Fundamentalisten aus den „Sicherheitszentren“ in Ain Salah und Ain M'Guel freigelassen. In den Lagern werden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation ONDH derzeit noch 1.400 der 9.000 im Februar und März festgenommenen Fundamentalisten festgehalten.